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Protokoll zum Jour fixe vom 26.10.2020

Von • Nov 3rd, 2020 • Kategorie: Protokolle

 

Protokoll zum Jour fixe vom 26.10.2020:

 

Fortsetzung: Macrons Ansage: Die NATO ist „hirntot“ – es lebe die sicherheitspolitische Autonomie Europas unter Frankreichs Führung! (GS 3-20)

 

Vorab soll noch einmal geklärt werden, was das Anliegen des Artikels ist – weil es da Nachfragen gab: Der Artikel zitiert Stellungnahmen von Macron und anderen für die französische Sicherheitspolitik Zuständigen. Anhand derer und dessen, was Frankreich praktisch betreibt, werden in dem Artikel Urteile bezüglich der französischen Sicherheitspolitik erarbeitet. Bei dem Zitat „Die NATO ist hirntot“ ist offensichtlich, dass Macron eine Kritik daran hat, was die NATO hier und heute ist – im Unterschied zu dem, wie Jahrzehnte lang über die NATO geurteilt wurde als eine unbedingt notwendige Einrichtung, bei der man auch im französischen Interesse unbedingt dabei sein muss. Der Artikel erklärt, wie es sein kann, dass sich die Stellung Frankreichs zur NATO in dieser Weise offensichtlich grundlegend geändert hat. Zu klären ist, worauf diese Absage an die NATO zielt, inwiefern sie gemacht wird und warum die Absage gar nicht identisch ist damit, die NATO ganz und gar abzuschaffen.

 

Französischen Stellungnahmen des Inhalts, es käme darauf an, die eigene sicherheitspolitische Souveränität zu bewahren, sie für Europa herzustellen und auszubauen, kann man entnehmen, dass da ein Standpunkt vorliegt, bei dem es um die Souveränität in allerhöchsten Kriegsfragen inklusive dem Einsatz atomarer Waffen geht, also um sicherheitspolitische Autonomie. Auch hier eröffnen sich Fragen: Wie kommt er darauf zu sagen, dass die Souveränität erst noch herzustellen ist? Wozu ist diese Souveränität überhaupt nötig? Wodurch wird sie eigentlich eingeschränkt? Die Antwort: Sein Pochen auf die sicherheitspolitische Souveränität verdankt sich dem politischen Programm Frankreichs gegenüber Russland mit dem Anspruch, dass Russland sich als politische Macht Frankreich in einer Weise zuordnen soll, dass es seine Potenzen nicht gegen französische oder europäische Interessen in Anschlag bringt, sondern sich diesen unterordnet und sich ihnen zum Mittel macht. Erst von diesem imperialistischen Standpunkt aus ergibt sich das Auffinden einer Schranke für die französische Politik in der Politik der USA. Der erklärt nämlich die Existenz Russlands mitsamt seiner militärischen Bewaffnung für unvereinbar mit den amerikanischen Vorhaben in der Welt und will dafür die NATO instrumentalisieren. Mit dieser Rolle, die Trump für sie vorsieht, erweist sich die NATO als nicht geeignetes Mittel für die Ansprüche, die Frankreich in die Welt setzt.

 

Einerseits erweist sich so die Politik Trumps und dessen Instrumentalisierung der NATO als Schranke für das imperialistische Anliegen Frankreichs gegenüber Russland, andererseits weiß Frankreichs Politik zu schätzen und lebt sogar davon, dass die militärische Potenz der USA gegenüber Russland zum Einsatz gebracht wird. Daher die Unbedingtheit der Forderung Frankreichs, sich die Souveränität in sicherheitspolitischen Fragen dergestalt zu verschaffen, dass man auch in Hinsicht auf die NATO nicht einfach eingeplant und untergeordnet wird, sondern sich selber zum Subjekt macht in der Frage, wie das Potential der NATO zum Einsatz gebracht wird.

 

I.2 Die NATO heute: nutzlos bis hinderlich für Frankreichs Auftritt in seinem weitläufig definierten Hinterhof

II. Frankreich definiert und lenkt den Aufbruch Europas zu einer militärischen Weltmacht

II.1. Frankreich treibt die europäische Rüstungskooperation voran

II.2. Die Force de Frappe: Frankreich stellt die letzte Garantie seiner militärischen Durchsetzungsfähigkeit als Schutzschirm für Europa in Aussicht

 

Falls noch Fragen oder Unklarheiten zu dem Rest des Artikels bestehen, sollen die beim nächsten Mal besprochen werden.

 

Das Thema nächstes Mal (09.11.20): der Artikel „Schule der Konkurrenz“ (GS 3-20)

 

 

https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

 

https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf201026-Fortsetzung2-Macron.pdf

 

 

 

„Schule der Konkurrenz“ (GS 3-20)

 

Zahllose Bildungs- und Lehrplanreformen hin, PISA-Testate und Schulevaluierungen her, so richtig zufrieden ist die ‚Wissensgesellschaft‘ mit ihrem hochgeschätzten Schulwesen darüber nicht geworden – im Gegenteil. Die Schule ist, gerade weil man den von ihr eröffneten „Bildungschancen“ enorme Wichtigkeit zuschreibt, permanent Gegenstand von Klagen über und enttäuschten Erwartungen an sie.

 

  1. Lehren, um zu unterscheiden – lernen, um zu konkurrieren 1. Wer verdient wie viel Bildung?
  2. Der/die Fächer der geistigen Anstrengung 3. Eine intellektuelle Tüchtigkeit eigener Art 4. Moralität als Lernerfolg
  3. a) Erfolgsmoral – oder: Die Macht der Gewohnheit
  4. b) Anstand – oder: Alles eine Frage der Gerechtigkeit

 

  1. Demokratische Werteerziehung: Moral als Schulfach 1. Das Fach Deutsch 2. Das Fach Geschichte

 

https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/schule-konkurrenz

One Response »

  1. Protokoll zum Jour fixe vom 9.11.2020 – Schule der Konkurrenz I.1. – I.3 (GS 3-20)

    — „In der Schule geht es ums Lernen und die Schule hat in dieser Gesellschaft einen hohen Stellenwert. Zugleich werden unzählige Klagen über sie laut: sie sei praxisfern, es gäbe Leistungsdruck und zu wenig soziale Gerechtigkeit etc. Diese Beschwerden machen unterschiedliche Interessen und Standpunkte geltend und haben die gemeinsame Grundlage, dass die Schule eigentlich Bestimmtes zu leisten hätte. Jeder misst sie an seinem Ideal oder Interesse und verpasst so, was die Schule tatsächlich leistet.“

    I. Lehren, um zu unterscheiden – lernen, um zu konkurrieren … (Forts.:)

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf201109-Schule%20der%20Konkurrenz.pdf