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Kein Kommentar: Der große Austausch anno 2018

Von • Feb 16th, 2024 • Kategorie: GSP-Radio

Kein Kommentar: Der große Austausch anno 2018

Der große Austausch anno 2018, oder:

Das seltsame Demonstrationsverhalten von österreichischen Großstädtern:
Remigration, Minus-Zuwanderung, Deportation – wen interessiert das, wann und weswegen?!

Folgt eine kleine Zeitreise. Wir kehren zurück in das Österreich des Jahres 2018. Da begab sich folgendes

Zur Erläuterung

Die ganze Affäre hat sich über einige Monate, genauer gesagt bis Dezember gezogen. Mir ist nicht in Erinnerung, dass sich damals dagegen nennenswerte Proteste erhoben hätten.

Zwischenfazit:

Das, was in der berühmten Rechtsextremisten-Konferenz in Potsdam angedacht wurde, das ist in Österreich 2018 unter türkis-blau (Kanzler Kurz, Innenminister Kickl) praktisch angegangen worden, nämlich der Entzug der Staatsbürgerschaft als Vorbedingung zur „Remigration“.

Was man dem ebenfalls entnehmen kann: Das „Narrativ“, durch ordentliche Integration und sorgfältige Aneignung hiesiger Werte könnten sich Ausländer die Existenzberechtigung in Österreich schon verdienen, das ist erstunken und erlogen – was in solchen Fällen zählt, ist die Rechtslage, und die kümmert sich nicht um die individuellen Anliegen, Interessen, Verhaltensweisen, politische Einstellungen etc., da wird der Mensch gnadenlos unter die für sein jeweiliges Kollektiv gültige Rechtslage subsumiert.

Woran man ebenfalls erinnert wird, das ist die Abneigung von Populisten aller Couleur gegen die Gewaltentrennung – dass also ein Verfassungsgericht einer Regierung gewisse Maßnahmen untersagt, und aus dieser Position auch einem „Volkskanzler“ in die Parade fahren könnte.

Zur Wiederholung

Aber damit ist die Geschichte nicht zu Ende

Fazit:

Die damalige Bundesregierung – zur Erinnerung: türkis-blau, ÖVP und FPÖ – war 2018 also unzufrieden mit ihrem Volk, und wollte sich ein neues zurechtschustern, nach rassischen Kriterien: Die (türkischen) Minderwertigen raus, die (südtiroler) Wertvollen herein. So war er angedacht bzw. so wurde er ein Stück weit umgesetzt, der „große“ oder wenigstens der mittlere „Austausch“, der gewünschte Austausch nämlich. Gescheitert, zumindest als ganz großer Wurf, ist das Vorhaben am Verfassungsgerichtshof und an Italien.

Das führt zurück zur Anfangsfrage:

Das seltsame Demonstrationsverhalten von österreichischen Großstädtern, oder: Remigration, Minus-Zuwanderung, Deportation – wen interessiert das, wann und weswegen?! Wieso wird 2024 demonstriert, angesichts von Vorhaben, die 2018 unter der türkis-blauen Regierung bereits in die Praxis umgesetzt wurden, und die damals kaum Proteste provoziert haben? Warum also?

Weil die Massenproteste in Deutschland in Österreich einen nationalpatriotisch-kritischen Ehrgeiz provoziert haben, so nach dem Muster: Da müssen auch wir dabei sein, das können wir auch? Oder: Weil 2018 eine demokratisch gewählte Regierung am Ruder war, und das „kritische“ Österreich wegen eines Demokratiefimmels immer nur für, aber nie gegen die Demokratie demonstrieren kann? Oder: Weil die Türkenhetze 2018 auch das „kritische“ Österreich überzeugt hat? Weil aktuell die Geschichte mit der „Remigration“ als „Enthüllung“ eines investigativen Journalismus aufgeblasen wurde, auch wenn das alles ein alter Hut ist: „Das Wort ‘Negativzuwanderung’ wurde von den Juroren der Aktion Österreichisches Deutsch der Universität Graz zum ‘Unwort des Jahres’ 2005 gewählt.“ (wikipedia), und die „Minus-Zuwanderung“ wird von der FPÖ schon seit je vertreten?! Selten blöd und abwegig in dem Zusammenhang auch die üblichen Fragen an Kickl und die FPÖ, wie sie zu den „Identitären“ oder zu besagter Konferenz stehen – von denen wurden 2018 die dort diskutierten Maßnahmen schon umgesetzt! Um Antwort wird gebeten …

Eine kleine Ergänzung zu den Protesten in Deutschland:

In ganz Europa ist die frühere rechtsextreme Gleichsetzung der Asyl- und Flüchtlingspolitik mit illegaler Migration inzwischen durchgesetzt, ist in der Mitte der Politik angekommen – klar, „unsere“ braven Ukrainer sind ausgenommen, wenigstens derzeit. Dennoch werden auf Basis eines „kaputten“ Asylsystems noch immer Anträge entgegengenommen und manche sogar positiv beschieden!

Angesichts dieser Lage hat sich die Potsdamer Konferenz eine durchaus folgerichtige Frage gestellt: Was machen „wir“ denn nun mit denen, die sich auf Basis der bisherigen, einer im Grunde genommen längst illegalen, weil kaputten Rechtslage in Europa eingeschlichen und eingenistet haben?! Was fällt „uns“ denn da ein?

Ob die Potsdamer Diskutanten einen angepeilten „Musterstaat“ in Nordafrika hinkriegen, wird sich zeigen. Muss ja auch nicht sein. Demokratische Institutionen von ganz anderem Gewicht arbeiten schon daran: Vielleicht tut es auch Ruanda, etwas weiter südlich, oder Albanien, ein Stück weiter nördlich, immerhin in Europa. Die Demokraten haben viel zu tun, und sie packen es an. Und die Rechten positionieren sich in Potsdam – wieder mal – als Avantgarde.

Aber eines wird ihnen derzeit in aller Deutlichkeit demonstriert: Passdeutsche remigrieren – das geht gar nicht. Das wären eindeutig die Falschen. Wenn sie doch der deutsche Staat schon als die Seinen anerkannt hat! Nicht der „Mensch“ allgemein, der – amtlich zertifizierte – deutsche Mensch ist also auf den Massendemonstrationen das Maß aller demokratischen Humanität.

Komisch – das sehen die Rechten nämlich genau so. Deswegen wollen sie selektieren, wem diese Ehre zusteht, und wem nicht. Die deutsche Demokratie ist dabei, wie es der Verfassung entspricht, als Täter verplant …

https://cba.media/651055

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  1. Zeit: Donnerstag | 07.03.2024 | 18:00 Uhr
    Ort: Sub Salzburg | Müllnerhauptstraße 11b | Salzburg
    Veranstalter: Basisgruppe Gesellschaftskritik Salzburg [geskrit]

    Vortrag und Diskussion:
    Remigration, Bevölkerungsaustausch und mehr – zeigen rechtsextreme Positionen die Abwesenheit demokratischer Normen?
    Referent: Herbert Auinger

    Gemeinsam mit Herbert Auinger – Autor der Bücher „Die FPÖ – Blaupause der Neuen Rechten in Europa“ und „Haider“ – wollen wir uns am Beispiel der FPÖ die Grundlagen rechter Argumente ansehen, die zu den Forderungen nach „Remigration“ und der Angst vor einem Bürgerkrieg im eigenen Land bzw. dem Volksaustausch führen.

    Nicht zuletzt wollen wir darüber reden, ob demokratische Parteien ein Bollwerk gegen rechtsextreme Positionen darstellen.

    Wer mehr von Herbert hören will, dem sei sein Podcast „Kein Kommentar“ empfohlen:
    https://cba.media/podcast/kein-kommentar

    https://gegen-kapital-und-nation.org/events/vortrag-und-diskussion-remigration-bev%C3%B6lkerungsaustausch-und-mehr-zeigen-rechtsextreme-positionen-die-abwesenheit-demokratischer-normen/