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Kein Kommentar: Zur aktuellen Kriegsmeinungsbildung: Erklären / statt / und / oder Rechtfertigen?

Von • Okt 20th, 2023 • Kategorie: GSP-Radio

Kein Kommentar: Zur aktuellen Kriegsmeinungsbildung: Erklären / statt / und / oder Rechtfertigen?

Im „Standard“ vom 17. Oktober 2023 ist ein für die aktuelle Meinungslandschaft doch bemerkenswerter Text erschienen, auf den ich mich nun beziehe.

Die Überschrift erinnert an einen trivialen Unterschied: „Israel und die Palästinenser: Erklären ist nicht rechtfertigen“. Stimmt, denn etwas zu erklären, heißt, den Grund einer Sache, eines Phänomens zu ermitteln. Wenn das gelingt, dann weiß man, womit man es zu tun hat. „Im allgemeinen Sprachgebrauch und in den Wissenschaften ist eine Erklärung der Versuch, die Ursachen eines beobachteten Sachverhaltes oder Phänomens durch die sprachliche Darlegung seiner logischen und kausalen Zusammenhänge verständlich zu machen.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Erklrung)

Eine Rechtfertigung hat ein ganz anderes Anliegen: Eine Rechtfertigung befasst sich mit der Frage, ob ein Sachverhalt, ein Phänomen mit moralischen Maßstäben oder mit rechtlichen Setzungen übereinstimmt oder nicht. Dabei sind also zwei Momente zu unterscheiden – einmal die Sache selbst, und die unabhängig davon existierenden Gesetze oder Moralismen, die innerstaatlichen oder völkerrechtlichen Vorschriften bzw. die „Werte“, auf die sich jeweils berufen wird.

Das ist der Unterschied zwischen „verstehen“, im Sinn von Bescheid wissen, sich auskennen – und „Verständnis haben“, im Sinn von etwas billigen oder zumindest moralisch „verständlich“ finden.

Bemerkenswert ist die Betonung dieser Trivialität höchstens, weil alle Welt, wenn es um Krieg geht, an Erklärungen ziemlich desinteressiert ist, und sich stattdessen um Rechtfertigungen bzw. Verurteilungen bemüht. Jeder Inhaber eines durchschnittlichen Gedächtnisses kann sich womöglich daran erinnern, dass mit moralischen und völkerrechtlichen Setzungen sehr interessengeleitet, daher selektiv und situationselastisch umgegangen wird, von den Profis der staatlichen Gewaltausübung ebenso wie von den machtlosen Dilettanten an der Seitenlinie, wenn auch die sich ans Rechtfertigen oder Verurteilen machen.

Zum Krieg der Hamas gegen Israel

Das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser auf einen „eigenen“ Staat …

… als Kampf zweier Linien

Der Staat ist das Menschenrecht!

Der „Schrecken“, den Hamas tatsächlich erzeugt hat, der besteht nicht in den zugerichteten Leichen und den Entführten. Der israelische Staat hat seine höchste und letzte Existenzberechtigung nach Eigenauskunft darin, dass nur durch ihn und in ihm Juden in Sicherheit leben können, weil sie überall sonst – im Prinzip zumindest – gefährdet sind. Das stimmt zwar nicht ganz, immerhin wird der israelische Bürger beiderlei Geschlechts in schöner Regelmäßigkeit in den Krieg geschickt, der jetzige ist die fünfte Auflage gegen Gaza.

Eines ist Hamas diesmal allerdings gelungen, nämlich die gründliche Demütigung des israelischen Nationalismus. Nein, Juden sind in Israel nicht in Sicherheit, das ist spätestens dann offenkundig, wenn welche aus Israel flüchten: Das ist der vielzitierte „9/11-Moment“ für Israel. Die angesagte Rache ist dementsprechend, der aktuelle Krieg soll der letzte sein, wenn es nach Netanjahu geht: Die endgültige Erledigung von Hamas ist nur durch die Verwandlung eines Großteils des Gazastreifens in einen unbewohnbaren Trümmerhaufen zu haben; die humanen Aufforderungen der israelischen Armee an die Bewohner, zu fliehen, haben nur einen kleinen Schwachpunkt – wohin sollen sie denn? Ins Meer? Vielleicht ist es Zeit für die Flüchtlingsrettungsschiffe, Kurs auf das östliche Mittelmeer zu nehmen.

Noch eine kleine Fußnote zur besonderen, womöglich „bedingungslosen“ Verantwortung von Deutschland bzw. Österreich für Israel wg. des Völkermords im Dritten Reich. Weil „wir“ damals die Juden umgebracht haben, deswegen müssen heute die Palästinenser bluten? Aha. „Wiedergutmachung“ auf Kosten unbeteiligter Dritter? Aha. Kein Wunder, dass Israel in den Nachfolgestaaten populär ist! Dass man das im arabisch-moslemischen Raum nicht „versteht“, im Sinn von billigt, das „versteht“ hierzulande wieder niemand …

Literatur:
https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/zu-den-angriffen-auf-israel

Speziell zu den Manipulationsverfahren gewisser Medien:
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/krieg-kriegsmoral-kriegsoeffentlichkeit
(In dem Text geht es um die BILD-Zeitung. Deswegen sollte man nicht vorschnell abwinken, es wird sehr ausführlich den einschlägigen Techniken nachgegangen.)

Vgl. etwa auch:
https://www.republik.ch/2023/10/13/islamismus-experte-olivier-roy-ueber-den-hamas-angriff-auf-israel?utm_source=pocket-newtab-de-de


https://cba.fro.at/637477

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