Kein Kommentar: Selenskyjs Welt
Von webmaster • Jun 19th, 2022 • Kategorie: GSP-RadioKein Kommentar: Selenskyjs Welt
Heute gibt es über weite Strecken eine Lesung. Vorgelesen wird aus einem Artikel des Schweizer Wochenmagazins „Die Weltwoche“ vom 26. Mai 2022; aber dabei belasse ich es natürlich nicht – etliche Zusatzkommentare sind da natürlich fällig. Der Text ist ein Porträt des ukrainischen Präsidenten – „Selenskyjs Welt. Der Westen jubelt ihm zu, die Massen himmeln ihn an. Aber wer ist eigentlich Wolodymyr Selenskyj, der Politiker hinter dem Helden?“ –, also ein durchaus übliches journalistisches Genre. Ich mache mich mal an die kommentierte Lektüre – und am Schluss gibt es noch eine extra-Pointe, die den höheren Sinn des Unterfangens enthüllt. (…)
Selenskyjs Leistungen: Korruption
Selenskyjs Leistungen: Wirtschaftspolitik
Selenskyjs Leistungen: Frieden mit dem russischsprachigen Donbass
Selenskyjs Leistungen: Kooperation mit Rechtsextremisten
Selenskyjs Leistungen: Säuberungen unter dem Kriegsrecht
Fazit: Manipulation und Propaganda
Nun, es ist Zeit für des Rätsels Lösung oder wenigstens eine Erläuterung. Warum lese ich relativ ausführlich so einen Text vor, der analytisch ja nicht unbedingt in die Tiefe geht – muss er auch nicht, es handelt sich schließlich um ein Porträt. Nun, meines Erachtens ist das ein Stück stinknormaler Journalismus, nicht mehr und nicht weniger. Die Frage ist, warum man solche Einzelheiten etwa über die Rolle der rechtsextremen Milizen und die innenpolitischen Säuberungen, warum man solchen stinknormalen Journalismus in den europäischen Mainstream-Medien nicht zu Gesicht bekommt. Auch und erst recht nicht in den österreichischen Qualitätsmedien. Die Antwort war schon formuliert. Die Öffentlichkeit ist parteiisch, bekennt sich zur Parteilichkeit und schreibt bzw. kommentiert auch so. Man versteht die eigene Tätigkeit nicht als Berichterstattung, sondern als Beteiligung, als publizistisches Mitkämpfen. Die tapferen Frauen und Männer in den Redaktionen sind sozusagen auch auswärtige Kämpfer für die gute Sache – gibt ja Verrückte, die den Imperativ „wir müssen etwas tun“ so praktizieren, dass sie in Richtung Ukraine aufbrechen und kämpfen wollen. Dieser Geist bestimmt die Berichterstattung.
Nachdem die wirklichen Machthaber die Parole von der Ukraine als Bastion westlicher Werte vertreten, und die Kriegsbeteiligung des Westens als darauf beruhende Pflicht, wird also erstens an einem entsprechenden Bild der Ukraine gezeichnet, und zweitens betätigen sich die führenden Meinungsmacher als publizistische Sittenwächter, die allfällige Abweichler gleich als Putin-Versteher oder Putin-Trolle niederbügeln möchten, was diese Auseinandersetzungen so übersichtlich und unkompliziert macht. Als ob mit dem Verdikt „Putin-Versteher“ irgendetwas kritisiert oder auch nur thematisiert wäre. Eine Zensur braucht also nicht stattzufinden, und dort, wo die wirklichen Sittenwächter sie für sinnvoll befinden, dort wird sie auch ganz traditionell ausgeübt. Ein Verbot, „Feindsender“ zu hören, wie seinerzeit, ist also überflüssig, wenn die Feindsendungen wie „Russia Today“ einfach nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen, weil es sich, gemessen an den je eigenen Desinformationsbedürfnissen, um „Desinformation“ handelt. (…)
https://o94.at/programm/sendung/id/2082825