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Renate Dillmann: BILD attackiert China

Von • Apr 22nd, 2020 • Kategorie: Allgemein

Renate Dillmann: BILD attackiert China

 

Vorläufiger Höhepunkt einer Kampagne – Feindbildpflege als journalistisches Kerngeschäft – Ein Kommentar

 

„Was China uns jetzt schon schuldet“ – mit diesem Aufreißer zieht Deutschlands größte Tageszeitung wieder einmal gegen China zu Felde und verlangt in detaillierter „Rechnung“ das, was die Corona-Pandemie „uns“ kostet, von der Volksrepublik in Heller und Euro zurück.

Die chinesische Botschaft weist die Vorwürfe in einem Brief an den BILD-Chefredakteur Reichelt zurück, erklärt, dass China die WHO frühzeitig informiert habe, die anderen Staaten insofern ausreichend Zeit hatten, sich vorzubereiten und wirft ihm vor, Nationalismus zu schüren.

Reichelt legt daraufhin mit einem Brandbrief an Chinas Präsidenten Xi Jinping nach und verbreitet ihn unter dem Titel „Sie gefährden die ganze Welt“ über YouTube mit chinesischen Untertiteln. Großer Applaus der hiesigen Leserschaft – Tenor: Endlich traut sich mal jemand, gegen dieses Unterdrücker-Regime aufzustehen, Kriegstreiberei ist das Gebot der Stunde, Leute zieht euch warm an.

Man könnte an dieser Stelle natürlich abwinken und sagen: eben typisch BILD. Mit Speck fängt man Mäuse und mit einem großen Maul viele zahlende Leser. Man könnte auch fragen, wer auf einen solchen Mist eigentlich hereinfällt. Hat schon mal jemand gefragt, wer die letzte Grippe-Epidemie ausgelöst hat? Und wenn man schon mal dabei ist: Haben die USA eigentlich schon für Aids gezahlt? VW für die Feinstaub-Toten? BILD kann sich solche Idiotien offenbar leisten – die Redaktion weiß sich in der Feindschaft gegen China so einig mit ihren Lesern, dass das Prinzip Draufhauen um jeden Preis völlig ausreicht.

 

BILD-Redakteur Reichelt entlarvt Xi Jinping

Feindbild und Feindschaft

 

Die deutsche Presse kann sich bei ihrem patriotischen Publikum darauf verlassen, dass es Vorbehalte gegen jedes „Ausland“ gibt. Die Feindschaft erzeugen muss sie also nicht und könnte das auch nicht.

Beim Feindbild aber ist sie in ihrem Metier. Sie setzt die Konjunkturen der deutschen Außenpolitik im wahrsten Sinne des Wortes ins BILD und bietet dem Publikum Orientierung bei der Frage, welche „Regime“ für „uns“ gerade unten durch sind und welche nicht. Ob erschütternde Reportagen des Alltags, Berichte über drangsalierte Minderheiten oder korrupte und bösartige Herrschaften – dem Weltspiegel wie der Bildzeitung sind da alle Mittel ihrer journalistischen Kunst recht, wenn es darum geht, für jeden Bildungsgrad auf angemessene Art und Weise nationale Stimmung zu machen.

 

Und wenn irgendwann der nächste Tobias R. das alles bitter ernst nimmt und diejenigen abknallt, die er für Deutschlands Feinde hält, hat Chefredakteur Reichelt schon wieder schöne Schlagzeilen von einem „wirren Täter“, „Verschwörungstheorien“, einem „grotesken Manifest“

und so weiter … (Renate Dillmann)

 

 

https://www.heise.de/tp/features/BILD-attackiert-China-4706074.html

 

3 Responses »

  1. Renate Dillmann: Europas „Schande“?

    Ein Kommentar zu Moria und der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik

    Nach dem Brand von Moria schafft es das Mitleid mal wieder in die Mainstream-Presse und in die Gesichter der Regierenden. Wie es sich gehört, allerdings dosiert. Unerträglich sei die Situation – für die Kinder. Und einige hundert unbegleitete Minderjährige dürfen sogar fort. Erwachsene haben mit einem abgebrannten Slum, fehlenden Decken und nichts zu essen anscheinend weniger Probleme.

    Diese Art menschliches Elend gehört zur geltenden Weltordnung inzwischen wie der Topf zum Deckel. Die UN zählen jedes Jahr mehr davon und die Verantwortlichen wissen, dass es nicht mehr aufhört. Sie schaffen mit ihrer Wirtschaftsordnung, den Erfolgen ihrer Unternehmen und ihrer Staatenkonkurrenz ja die Verhältnisse, die überall in der Welt die Lebensgrundlagen der Leute zerstören. Sie wissen das – und selbstverständlich wollen sie die Opfer – inzwischen mehr als 70 Millionen – von ihren Standorten und liebenswerten bunten Gesellschaften fernhalten. Das „Sozialamt der Welt“ kann Deutschland nach eigener Auskunft schlicht und ergreifend nicht sein – was durchaus wahr ist bei all den Opfern, die es jetzt produziert und in Zukunft noch produzieren wird.

    Zum Glück schaffen es aber sowieso nur wenige nach Europa, weil EU-Deutschland mit Frontex, einem Deal mit Erdogan und Abkommen mit den libyschen Warlords ziemlich effektiv dafür gesorgt hat, „uns“ die meisten vom Leib (und in Drittwelt-Staaten fest) zu halten. Die regelmäßig anfallenden Toten im Mittelmeer und die Horrorzustände in libyschen Gefängnissen gehören zur „Festung Europa“ deshalb seit Jahren dazu.

    Wer es unter diesen Umständen dann aber doch nach Europa schafft, wird so abschreckend wie möglich behandelt – diese Botschaft muss und geht in die Welt. Eine 2. Welle nach dem Muster von 2015, diesem Unglücksfall der europäischen Geschichte, darf es keinesfalls geben – von wegen „Willkommenskultur“! Moria mit all seinen Schrecken ist also nicht „Versagen“ der europäischen Flüchtlingspolitik, sondern bewusst eingesetztes Mittel.

    Der jetzige Brand ist die unter diesen Umständen schon lange erwartete Katastrophe. Und auch hier steht für die Regierenden bei allen Krokodilstränen sofort fest: Nun darf keinesfalls überstützt gehandelt werden (Seehofer). Die paar tausend Flüchtenden auszufliegen und aufzunehmen, geht nicht. Das erlaubt unser „großes deutsches Herz“ vielleicht bei einem Nawalny. Aber in diesem Fall keinesfalls, da unser klarer deutscher Verstand weiß, dass dann 1. überall Flüchtlingslager angezündet würden, um die Aufnahme zu erzwingen, und 2. die Rechten in Europa nur Wasser auf ihre Mühlen bekämen und eine gemeinsame EU-Flüchtlingspolitik noch weiter nach hinten rücken würde.

    Was gesteht man damit über die Situation der Verzweifelten ein, wenn man sie für willens hält, das eigene Leben durch Brandstiftung in Gefahr zu bringen, um den Lagern zu entfliehen? Und was über Unterbringung, Versorgung und Behandlung dieser Leute, wenn diese inzwischen lieber auf der Straße vegetieren als sich noch einmal von den guten Europäern in ein Gefängnis sperren zu lassen?

    So läuft es also im christlich-abendländischen und/oder menschenrechtlich-vorbildlichen Europa: Freiheit (für’s weltweite Geschäft) und westlich dominierte Weltordnung schaffen die Hungerleider und Kriegsflüchtlinge; ein paar Humanisten beweinen die Opfer und kümmern sich um diejenigen, die es gegen alle Grenzzäune, modernste Abwehrwaffen und Schengenrecht noch hierher schaffen. Selbst einige CDU-Bürgermeister machen mit und tun sich im munteren Wettstreit mit Politikern aus CSU oder SPD mit wohlmeinenden Vorschlägen hervor – es gibt also auch Gelegenheit für schöne Bilder und für die Profilierung von Trägern europäischer Grundwerte.

    Denn das ist natürlich durchaus wichtig: Gerade angesichts des praktisch-zynischen Umgangs Europas mit den Opfern seiner Politik ist es unerlässlich, dass das Fähnchen der Moral hoch gehalten wird. Schließlich lieben es die europäischen Außenpolitiker (und die deutschen Grünen tun sich da am allermeisten hervor!), ihre Interessen und ihre An- wie Einsprüche gegenüber anderen Nationen im Namen der „unveräußerlichen Menschenrechte“ zu begründen – ob im Kosovo-Krieg, gegen das „Regime Assad“, den „Mörder“-Kreml oder das repressive China im Namen seiner Minderheiten und Bürgerrechtler.

    Kritik an der Flüchtlingspolitik im Namen der Menschenrechte ist insofern zugelassen im pluralistischen Diskurs der Nation. Sie stört ja praktisch nicht sonderlich, verleiht mit ihrem Idealismus der Hilfe dem Ganzen einen wesentlich schöneren Schein und lässt die Deutschen mit dem Deuten auf 2015 auch noch als die allermenschlichsten Europäer dastehen (was ja ansonsten nicht ganz leicht ist!).

    Schluss und Perspektive für die guten Christen, Flüchtlingsfreunde, Humanisten: Wer sich um die armen Menschen kümmert und nicht um die Gründe für ihre immer wieder eintretenden Notlagen, der hat in den nächsten Jahrzehnten noch viel zu tun… (Renate Dillmann)

    https://www.heise.de/tp/features/Europas-Schande-4894083.html

  2. Renate Dillmann

    China – ein Lehrstück
    über alten und neuen Imperialismus,
    einen sozialistischen Gegenentwurf und seine Fehler,
    die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft
    und den Aufstieg einer neuen Großmacht

    Die Buchmacherei Berlin 2021
    4. aktualisierte und ergänzte Neuausgabe des 2009 im VSA-Verlag erschienenen Buches

    China ist ein bemerkenswerter Sonderfall. Ausgerechnet eine durch eine Kommunistische Partei regierte Bauernnation des Ostens macht praktisch wahr, was der Westen seinen in die Freiheit entlassenen Kolonien als Chance einer Teilnahme an der Staatenkonkurrenz des kapitalistischen Weltmarkts verkaufen wollte: China schafft eine wahrhaft nachholende »Entwicklung«, schließt zu den etablierten Nationen auf, wird kapitalistische Weltmacht.

    Anhänger einer früher antikapitalistisch inspirierten Dritte-Welt-Bewegung können sich heute fragen, ob es das war, wovon sie geträumt haben…

    Das Buch geht der Frage nach, wie die 30 Jahre Aufbau des Sozialismus und inzwischen 40 Jahre Kapitalismus eigentlich zusammenpassen, die in China unter derselben KP-Führung auf die Tagesordnung gesetzt und durchgezogen wurden. Wo ist der rote oder weniger rote Faden?

    Die zentrale These des Buches: Schon in Theorie und Praxis der KP unter Mao ist die Unterordnung aller sozialistischen Ambitionen unter das Ziel der Befreiung, Einigung und schließlich des Aufbaus einer machtvollen chinesischen Nation grundgelegt. Dieses Ziel wird dann unter Deng und den Nachfolgern weiter verfolgt, mit »kapitalistischen Methoden« vorangetrieben und zu erstaunlichen Erfolgen geführt. Die anschauliche, mit viel Material angereicherte Schilderung und begriffliche Durchdringung führt den Leser durch die Etappen der jüngeren chinesischen Geschichte. Westliche Freunde und Feinde des »Maoismus« werden dabei ebenso kritisch gewürdigt wie die Urteile der bürgerlichen und linken Öffentlichkeit zur heutigen Volksrepublik.

    Für die nun vorliegende Neuauflage wurde das Buch um eine Betrachtung der Fortschritte des letzten Jahrzehnts erweitert und ergänzt. Analysiert werden die Entwicklungen der Ökonomie Chinas (Produktivkräfte, Binnenmarkt, Löhne und Sozialversicherungen, Sozialkreditsystem sowie die chinesische Corona-Politik) und die aktuelle chinesische Außenpolitik (Neue Seidenstraße, Aufrüstung, Streit um die Inseln im südostasiatischen Meer). Es folgen einige Überlegungen zur Darstellung Chinas in den deutschen Medien, die in den letzten Jahren immer mehr den Charakter eines Feindbildes angenommen hat, sowie zu den deutschen Linken und ihrer China-Kritik (Stichworte: besonders ausbeuterischer Kapitalismus, besonders repressiver Staat, Uiguren, Hongkong).

    https://diebuchmacherei.de/produkt/china-ein-lehrstueck/

    https://www.renatedillmann.de/

    Vorwort zur neuen Auflage

    Seit der ersten Auflage dieses Buchs sind mehr als zehn Jahre vergangen. In dieser Zeit hat sich China weiter entwickelt: mit seinen Wachstumsbilanzen und mit der Erschließung weiterer Ressourcen, als Teilnehmer am Weltmarkt, als Konkurrent um Einfluss in der Welt. Das sind die Gesichtspunkte, die in der globalen Staatenkonkurrenz zählen. Kein Wunder also, dass viel über China berichtet und ebenso viel gestritten wird.

    Schön, dass nun eine ergänzte 4. Auflage zustande kommt. Denn dieses Buch hat sich immerhin zum Ziel gesetzt, das heutige China, das sich nach Maos Tod ökonomisch zum Kapitalismus gewendet hat und damit ungemein erfolgreich ist, ökonomisch und politisch in seinen wesentlichen Zügen zu erklären. Trotz aller Veränderungen, die zu konstatieren sind, braucht die prinzipielle Analyse des Landes, wie sie 2009 vorgelegt wurde, nicht korrigiert zu werden.

    Sie enthält unter anderem Antworten auf Fragen, die in aktuellen Diskussionen immer wieder aufkommen:

    • Was sind die Gründe für den Aufstieg dieses Landes, der in dieser Form von den westlichen Welt- und Großmächten weder erwartet noch gewollt wurde?

    • Wo liegen Unterschiede zur Sowjetunion und deren Niedergang unter und nach Gorbatschow?

    • Warum ist der chinesische Sozialismus gescheitert? Oder ist das gegenwärtige China ganz im Gegenteil der erste erfolgreiche Sozialismus der Menschheitsgeschichte?

    • Wieso ist China gelungen, was viele Entwicklungsländer angestrebt haben? Wieso ist ausgerechnet China die Entwicklung vom ehemals (halb)kolonialen Land zur industrialisierten und technologischen Großmacht gelungen?

    • Ist das moderne China ein besonders „böser“ Fall von kapitalistischer Ausbeutung samt repressivem Staat? Oder steht China für eine neue, friedliche Variante einer kapitalistischen Großmacht?

    Einleitend sollen einige nötige Ergänzungen und Fortschritte festgehalten werden: zur Ökonomie Chinas (Entwicklung der Produktivkräfte, Binnenmarkt, Löhne und Sozialversicherungen, Sozialkreditsystem, Exkurs zur chinesischen Corona-Politik) wie zu seiner Außenpolitik (Neue Seidenstraße, Aufrüstung, Streit um die Inseln im südostasiatischen Meer).

    Es folgen ein paar Überlegungen zur Darstellung Chinas in den deutschen Medien, die in den letzten Jahren immer mehr den Charakter eines Feindbildes angenommen hat.

    Im Übrigen wurden die Teile Teile „1: Der Sozialismus in der Volksrepublik China“ und „2: Der Kapitalismus in der Volksrepublik China“ unverändert übernommen.

    https://diebuchmacherei.de/wp-content/uploads/2021/05/02-Neues-Vorwort-China-Buch-Druck-o.k.pdf

  3. Renate Dillmann: Der Feind in Asien

    Ein neuer Kalter Krieg der USA gegen China bewegt die Welt. Tatsächlich haben US-Akteure den Konflikt erheblich zugespitzt. Eine vorläufige Übersicht.

    Droht ein neuer Kalter Krieg, dieses Mal zwischen den USA und China? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sei an folgende Punkte erinnert:

    • Donald Trump hat einen Handelskrieg gegen China geführt, in dessen Verlauf chinesische Waren mit 550 Milliarden Dollar an Strafzöllen belegt wurden. Seine Diplomaten sorgten dafür, chinesische Firmen mit überlegenen Technologie-Angeboten aus westlichen Märkten zu drängen und im Fall von Huawei deren Managerin verhaften zu lassen. Die Biden-Regierung führt die Schutzzoll-Politik ihrer Vorgängerregierung fort und hat sie um ein Gesetz ergänzt, das Regierungsbehörden untersagt, ausländische Waren und Dienstleistungen zu kaufen (Umfang 600 Milliarden US-Dollar).

    • Im südostasiatischen Meer finden weitere US-Manöver statt; der sogenannte „Inselstreit“ wird von US-Seite mit kleineren Scharmützeln am Leben gehalten, amerikanische Stützpunkte in der Region werden reaktiviert und neu ausgestattet (Philippinen, Guam), die Aufrüstung Taiwans mit US-Waffen forciert.

    • Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2020 hat der US-Verteidigungsminister Mark Esper in einer Brandrede die Notwendigkeit eines westlichen Bündnisses gegen China beschworen. Der G7-Gipfel in London 2021 – unter der Regierung Biden – diente explizit der Anbahnung eines solchen Bündnisses, weshalb auch Australien, Indien und Südafrika eingeladen wurden.

    • Begleitet wurde und wird diese Politik durch immer mehr und immer heftigere Anklagen gegen den chinesischen Staat in der westlichen Öffentlichkeit und den Vereinten Nationen. China wird inzwischen des Genozids an einer ethnischen Minderheit, den Uiguren, bezichtigt. Dazu treten im Wochenrhythmus wechselnde Vorwürfe wegen staatlicher Repression gegen Protestierende in Hongkong, Ausbeutung afrikanischer und asiatischer Staaten, Umweltverstößen und nicht zuletzt Schuldzuweisungen und Kritik am autoritären Staatsverhalten in der Corona-Krise.

    Kampagnen dieser Art haben dafür gesorgt, dass der chinesische Staat in der Bevölkerung einen ziemlich schlechten Ruf hat – gerade auch bei denen, die dem hiesigen Staat nicht ohne Kritik gegenüberstehen. Dass die USA China so feindselig gegenübertreten und Verbündete für ein Anti-China-Bündnis sammeln, liegt allerdings nicht in den Vorwürfen begründet, die sie lancieren und dann zitieren. Die regierenden Politiker können Feindbild und Feindschaft besser auseinanderhalten als ihre Presse und ihr Volk.

    Autoritäres Regieren ist für die USA, das Mutterland von Demokratie und Menschenrechten, per se jedenfalls kein Grund für Feindseligkeiten. Sie haben schon Herrscher von ganz anderem Kaliber zu Freunden erklärt – wie den Saudi-König Salman und den ägyptischen Putsch-General Al Sisi – oder selbst an die Macht gebracht – wie den Schah im Iran oder Pinochet in Chile. Letztere übrigens jeweils gegen demokratisch gewählte Politiker. Und auch bei Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten, ja selbst Genoziden – mal angenommen, das sei in China so, wie es in westlichen Medien unter Bezug auf hiesige Quellen gemeinhin darstellt wird1 – sind US-Präsidenten nicht gerade zimperlich, wenn es ihnen geopolitisch in den Kram passt. So hat der türkische Nato-Partner Erdogan mit Panzern und Bomben gegen die Kurden bisher freie Hand.

    Womit also hat sich China, an dem US-amerikanisches Kapital in den letzten Jahren enorm viel verdient hat und das auch gerade wieder einmal die Weltkonjunktur-Lokomotive darstellt, diese harte Feindschaft der USA verdient?

    Vom sozialistischen Entwicklungsland zur kapitalistischen Großmacht

    Eine Konkurrenz neuen Typs

    Die Versuche der USA, Chinas Aufstieg zu behindern

    China gibt nicht nach

    Die Perspektive heißt Krieg

    Gegen alles Geschwätz von „Chimerica“ und einem globalisierten Welthandel „zum Nutzen aller“ wird an diesem Fall ein weiteres Mal deutlich, dass die Konkurrenz um den Nutzen aus dem Welthandel ihrer Natur nach ausschließend und deshalb in der letzten Instanz feindlich, ja kriegsträchtig ist. Auch wenn momentan tatsächlich keine der Parteien die „große Auseinandersetzung“ will, ist das der gewaltträchtige Kern ihres Verhältnisses.

    Dr. Renate Dillmann ist Politologin und arbeitet als Journalistin und Dozentin für Sozialpolitik. Soeben ist die Neuauflage ihres Buchs „China – ein Lehrstück für alten und neuen Imperialismus, einen sozialistischen Gegenentwurf und seine Fehler, die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft und den Aufstieg einer neuen Großmacht“ mit aktuellen Ergänzungen erschienen.

    https://www.heise.de/tp/features/Der-Feind-in-Asien-6052304.html?seite=all