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Protokoll des Jour fixe München vom 07.11.2022

Von • Nov 15th, 2022 • Kategorie: Protokolle

Protokoll des Jour fixe vom 07.11.2022:

Fortsetzung „Der Wirtschaftskrieg wird global und prinzipiell“ (GSP 3-22)

 

https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wirtschaftskrieg-wird-global-prinzipiell

 

(…)

Das spezielle an der derzeitigen Krise ist, dass der Westen mit seinen Sanktionen die steigenden Energiepreise und in Folge die verallgemeinerte Preissteigerung selbst herbeigeführt hat. Diese Nationen statten mit ihrer Kreditmacht ihre Kapitalisten mit Zahlungsfähigkeit aus, was zu einer allgemeinen Preissteigerungswelle führt. Weil die Kapitalisten weitgehend über Kredit verfügen, also zahlungsfähig sind, können sie die erhöhten Preise ihrer Zulieferer zahlen und die erhöhten Preise nach eigener Kalkulation auch weitergeben.

Anders bei den Lohnempfängern. Deren Einkommen ist vertraglich fixiert und wenn der Lohn nicht steigt (Lohnsteigerungen müssten erst mal durchgesetzt werden), können sie die erhöhten Preise nicht zahlen. Darin liegt auch in dieser speziellen Krise der letzte Grund.

(…)

 

Die Universalisierung des Sanktionsregimes: Notwendigkeit und Rechtsanspruch westlicher Wirtschaftskriegsführung (S. 34)

Die Grundlage der Durchschlags- und Überzeugungskraft westlicher

Sanktionspolitik: Weltkapitalismus ist Dollarkapitalismus (S. 38)

Die Reaktionen – berechnendes Mitmachen, Entzug, Opposition – und deren Grundlage: Dollarkapitalismus funktioniert nur als Weltkapitalismus (S. 40)

Die Staaten klagen als ihr Recht ein, dass die USA gegen die bisher gültige, von ihnen selbst durchgesetzte und garantierte Ordnung verstoßen, und sie beharren – gegen Amerika – auf dem Prinzip, wie sie den Weltkapitalismus in ihrem Interesse verstehen. Das erlauben sie sich auf der Basis, dass sie es bei der Nutzung der weltumspannenden Konkurrenz für ihren ökonomischen Fortschritt zu einigen Erfolgen gebracht haben.

Sie machen in Form solcher Stellungnahmen an die Adresse der USA darauf aufmerksam, dass Amerika die ganze Welt als seine Geschäftssphäre nutzen kann, dass es mit seinem Geld das verbindliche Maß des Reichtums stellt, dass es mit seinen Finanzmärkten dafür sorgt, dass alle Welt sich um die Vermehrung des Dollars bemüht. Damit dieser Dollarkapitalismus funktioniert, muss die Welt aber auch als Geschäftssphäre existieren, müssen alle Staaten Bestandteil des Weltmarkts und dieser Weltordnung sein wollen, sich in dieser Weise einordnen, und von den USA benutzt werden können. Das wollen und machen die BRICS-Staaten und andere geltend, weil die Weltwirtschaftsordnung für jeden Einzelnen dieser Staaten ebenfalls die nationale Perspektive eröffnet, sich durch seine Teilnahme am Weltmarkt seine ökonomische Grundlage zu verschaffen.

Dieser Materialismus der Staaten wird jetzt in Frage gestellt, wenn die USA diese Perspektive durch die Politisierung der Weltwirtschaft aufkündigen. Darauf machen diese Staaten die USA aufmerksam und klagen ein, dass die USA doch selbst für diese Weltwirtschaftsordnung stehen, dass sie doch die Instanz sind, die für deren Gültigkeit einsteht und davon profitiert. Damit rechtfertigen sie, dass sie sich dem Wirtschaftskrieg nicht anschließen.

Die Zuspitzung besteht darin, dass nicht mehr ausschließlich das Recht der freien Konkurrenz gilt, sondern dass die Politisierung der Konkurrenz durch die USA den Staaten politische Vorgaben macht, nach denen der Weltmarkt zu funktionieren hat und denen sich alle Teilnehmer am Weltmarkt unterzuordnen haben, auch wenn ihr Materialismus dabei negiert wird.

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Beim nächsten Termin am 21.11.2022 wird der letzte Punkt des Artikels besprochen (GSP3-22 S. 44 ff.).

Danach soll der Artikel „Das erste Halbjahr Ukraine-Krieg“ im GSP

3-22 diskutiert werden unter Einbeziehung des aktuellen Kriegsverlaufs.

 

 

https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

 

https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf221107-Wirtschaftskrieg%20global%203.pdf

One Response »

  1. Protokoll zum  Jour Fixe vom 21.11.2022

    1. Fortsetzung 4 „Der Wirtschaftskrieg wird global und prinzipiell“ (GSP 3-22)

    Letztes Mal ging es darum, inwieweit dieser Wirtschaftskrieg die bisherige

    Weltwirtschaftsordnung angreift bzw. infrage stellt. Die Staaten werden von den USA in  die Pflicht genommen, sich an dem Wirtschaftskrieg zu beteiligen; darüber ist die bisherige freie Benutzung des Weltmarktes, mit den jeweiligen ökonomischen Potenzen nach den geltenden Regeln, relativiert. Mit dieser Politisierung des Weltmarkts machen die USA die ökonomische Betätigung der Staaten in der Konkurrenz auf dem Weltmarkt von einem politischen Vorbehalt abhängig: die übrigen Staaten haben sich politisch und ökonomisch gegen die Russen zu positionieren.

    Offen blieb die Seite der Gewalt dieser Weltwirtschaftsordnung, die einerseits eine zivile Ordnung ist, andererseits nur dadurch existiert, dass die USA sie mit ihrer militärischen Gewalt für alle verbindlich machen. …  (Forts.):  

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf221121-Wirtschaftskrieg%204-Erstes%20Halbjahr%20Ukrainekrieg.pdf

    https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle

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    Sowie – der Gegenstandpunkt aktuell zu – „10 Monate Krieg in der Ukraine“

    Ein kurzer Rückblick auf gleichgebliebene und geänderte Kriegsziele

    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/rueckblick-auf-10-monate-krieg-ukraine