11.11.2024 | Wien | Herbert Auinger: Ein paar Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft und den Verrenkungen nachher
Von webmaster • Nov 1st, 2024 • Kategorie: VeranstaltungenZeit: Montag | 11.11.2024 | 18:30 Uhr
Ort: Campus der Uni Wien | Hof 2.6 | Hörsaal C2 | Spitalgasse 2 | 1090 Wien
Vortrag & Diskussion:
Ein paar Bemerkungen zur nationalsozialistischen Herrschaft und den Verrenkungen nachher
(Samt Fußnote: Nie wieder Faschismus – wie geht das?)
Referent: Herbert Auinger
0. Warnung
Das ist eine sog. Trigger-Warnung. Eine lapidare Analyse der nationalsozialistischen Herrschaft ist unvermeidlich eine Heimhohl-Aktion. Das Dritte Reich kehrt heim: Ins Reich der Geschichte, ins Reich der Politik, ins Reich des Staates und der Nation. (Die Beteiligung der Österreicher im damaligen deutschen Staatsdienst ist immer mitgedacht.) Das könnte verstörend wirken; wer sich an gängige Darstellungen gewöhnt hat, könnte sich unbehaglich fühlen.
Als da etwa wäre: Hitler war ein Wahnsinniger, der aufgrund bis heute ungeklärter Umstände nicht in der Klapse, sondern an der Staatsspitze gelandet ist; das deutsche Volk hat zwar vorher und nachher als normales Volk funktioniert, zwischenzeitlich aber aufgrund eines ebenso ungeklärten Aussetzers beim übergeschnappten Führer mitgemacht – davon wird nicht die Rede sein.
Statt dessen wird das politische Programm des Nationalsozialismus erläutert, für das die NSDAP das deutsche Volk gewinnen konnte. Insofern gibt es auch kein Plätzchen für höheren Blödsinn, inspiriert aus Frankfurt, wonach die Nazis eine logische Kategorie liquidieren wollten, und auf der Suche nach der „wahnhaften Konkretisierung des Abstrakten“ fündig wurden; dafür fehlt jeder Hinweis auf eine „verkürzte Kapitalismuskritik“.
1. „Umerziehung“ zur Vergangenheitsbewältigung
„Einerseits haben Liberale und Konservative, während sie die Diskontinuität zwischen der Nazivergangenheit und der Gegenwart betonten, im Bezug auf jene Vergangenheit ihre Aufmerksamkeit auf die Verfolgung und Vernichtung der Juden konzentriert. Andere Gesichtspunkte, die für den Nazismus zentral waren, sind dabei vernachlässigt worden. Die Betonung des Antisemitismus diente dazu, den angeblich totalen Bruch zwischen dem Dritten Reich und der BRD zu unterstreichen. Eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen und strukturellen Wirklichkeit des Nationalsozialismus, die 1945 nicht plötzlich verschwunden war, wurde so vermieden. Es ist bezeichnend, daß die westdeutsche Regierung an Juden ‘Wiedergutmachungszahlungen’ leistet, jedoch nicht an Kommunisten und andere verfolgte, radikale Gegner der Nazis. Mit anderen Worten, was den Juden geschah ist instrumentalisiert und in eine Ideologie zur Legitimation des gegenwärtigen Systems verwandelt worden.“
(Moishe Postone, Antisemitismus und Nationalsozialismus, in: Deutschland, die Linke und der Nationalsozialismus. ca ira 2005)
2. Das nationalsozialistische Programm
– „Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein“
– „Lebensraum im Osten“
– „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“
3. Der Völkermord: Verschwunden in der Unerklärbarkeit
„Zu den meisten Kriegsverbrechen, Massakern und Schlächtereien in der Geschichte gibt es eindeutige Stellungnahmen. Ein Massaker im Rahmen eines kolonialen Krieges wird entweder mit dem Hinweis auf militärische oder politische Notwendigkeiten gerechtfertigt oder aus humanitären Gründen verurteilt. Der Sinn eines solchen Massakers ist aber auch seinen Kritikern einsichtig. Man verurteilt das Verbrechen, weiß aber, warum es stattfindet. Bei Auschwitz stellt sich das anders dar. Die Verurteilung des Massenmordes an den europäischen Juden ist (fast) einhellig. Dafür wird in der Regel davon ausgegangen, daß sich in diesem Fall das letztendliche Motiv für dieses Verbrechen der Kenntnis und der Nachvollziehbarkeit der Kritiker entzieht.“
(Stefan Grigat, Ökonomie der „Endlösung“? In: Weg und Ziel 1/1997)
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