Kein Kommentar: Die Bewältigung der Vergangenheit: Eine Auschwitzlüge 2.0 – und eine Art „Zombie-Theorie“
Von webmaster • Mrz 7th, 2024 • Kategorie: GSP-RadioKein Kommentar: Die Bewältigung der Vergangenheit: Eine Auschwitzlüge 2.0 – und eine Art „Zombie-Theorie“
Im Jahr 1996 hat der amerikanische Politologe Daniel Goldhagen die deutsche Fassung seines Buchs „Hitlers willige Vollstrecker – Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust“ veröffentlicht und dadurch die nach ihm benannte Kontroverse ausgelöst. (…)
Die naheliegende Wahrheit besteht also darin, dass die damaligen Deutschen überwiegend dabei waren, weil sie Hitlers Ziele teilten.
Will allerdings gleich einen wesentlichen Einwand loswerden und eine – m.E. unbedingt notwendige korrigierende Ergänzung – anbringen, die für die Sache des Nationalsozialismus und auch für die Frage nach den Gründen der Deutschen für das Mitmachen entscheidend ist: Hitlers primäres Ziel war nicht die „Vernichtung der Juden“. Hitlers und seiner Anhänger primäres Ziel war schon Deutschland, Deutschlands Größe, Deutschlands Wiederaufstieg, zusammengefasst in kraftvollen Losungen wie „Deutschland, erwache!“ oder „Make Deutschland great again“ oder „Deutschland über alles“ oder „Deutschland first“ – mithin lauter Botschaften, die für Patrioten auch international unwiderstehlich zu sein scheinen.
Aus diesem nationalen Drang heraus, aus diesem „pro“, aus diesem eindeutig gefassten „dafür“ sind Juden schlussendlich als Hindernis ins Visier geraten, wieder plakativ: „Die Juden sind unser“ – der Deutschen – „Unglück!“ Gefolgt von der Therapie „Juda, verrecke!“ Möchte wiederholen, was ich beim Stichwort „Antisemitismus“ schon mal behauptet habe: Konstitutiv ist das „pro“ – wofür sind denn normale Leute, Völker, Politiker, sodass ihnen deswegen Juden störend auffallen? Das ließe sich einer vernünftigen Befassung mit den politischen Zielen des Nationalsozialismus schon entnehmen.
Mein zweiter Einwand: Goldhagen kommt bei der Bestimmung des Völkermords über die anerkannte, durchgesetzte und gültige Tautologie des „Antisemitismus“ nicht hinaus: Antisemiten haben etwas gegen Juden, weil sie judenfeindlich eingestellt sind … Er ergänzt diese Tautologie um die Beifügung „eliminatorisch“, um den Völkermord analytisch einzufangen, und ist damit im Grunde genommen fertig. Aber da fehlt was, siehe oben; das wofür.
Goldhagens Verdienst und Leistung
Goldhagens Verdienst besteht in der Zurückweisung und Kritik der falschen Fragestellung, die sich die Forschung entlang des Bedürfnisses – „So sind wir nicht! Rückblickend auch nicht!“ – zurechtgelegt und einige Jahrzehnte entfaltet hat. Er beharrt darauf, dass das „scheinbar Undenkbare das Naheliegende ist“ – dieses Undenkbare ist ja undenkbar dann und nur dann, wenn das selbstproduzierte Dogma von der eigentlichen Unmöglichkeit von Nationalsozialismus und Völkermord den unabweisbaren Ausgangspunkt der Forschung bildet, weswegen „die Deutschen“ beim eigentlich Unmöglichen folglich auch gar nicht wirklich dabei gewesen sein konnten – so wie sie aber ganz normal im vorherigen und im nachfolgenden Staat schon dabei waren, nicht nur praktisch, sondern auch mental. (…)
Die vorher herrschenden Erklärungen gingen eben schlicht und primitiv von der erst nach dem Krieg, und durch die Niederlage und das Verdikt der Sieger gültigen moralische Verurteilung des Völkermordes aus; sie projizieren diese, die heutige Stellung, in die Vergangenheit und fingieren, die habe auch im nationalsozialistischen Deutschland eigentlich schon gegolten oder hätte wenigstens gelten müssen; und stellen dann die falsche Frage, wie das, was niemand gebilligt haben kann, dennoch geschehen konnte.
Das wird dann in der Regel mit der Konzentration auf die Person Hitler und ein paar Kumpane ergänzt, und fertig! So wird die mörderische Praxis des nationalsozialistischen Deutschland als Verstoß gegen die angeblich auch damals gültigen Wertvorstellungen interpretiert. Das deutsche Volk ist also auch damals im Großen und Ganzen sauber geblieben, und bestand hauptsächlich aus Mitmachern wider Willen.
Dagegen hält Goldhagen die an sich triviale Erinnerung an die damals gültigen „moralischen Werte“, an die damaligen „Ideologien“ und die damaligen „Vorstellungen über die Opfer“ als „Quelle für die Mordbereitschaft der Täter“ – mit einem Wort, dass die Feindschaftserklärungen der damaligen Staatsführung, nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, und nicht nur gegen Juden, im Großen und Ganzen geglaubt wurden, und auf Zustimmung gestoßen sind.
(…)
Die begleitende und bewältigende Debatte ist in einer extrem blöden Frage geendet: „Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden“ (Buchtitel) Ja, wie denn? Indem sie eingezogen werden, in Uniformen gesteckt werden, ihre Befehle bekommen und auf den Feind – DAS BÖSE – losgelassen werden; damals und seither immer wieder, im „internationalen Vergleich“. So werden aus ganz normalen Patrioten – das müssen sie schon vorher gewesen sein –, die „Massenmörder“. (…)
Wer im Frieden, im gewöhnlichen Zustand, in dem Wahn lebt, ohne Deutschland nicht leben zu können – das Gemeinwesen für die substantielle Grundlage und Zweck zu wissen gewohnt ist –, ist eben auch bereit, für Deutschland zu töten und zu sterben. Bodenständig formuliert: Wer im Frieden und bis zum Krieg alles mitmacht, macht in der Regel auch im Krieg alles mit.
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