Kein Kommentar: Eine kleine deutsch-ukrainische Kontroverse …
Von webmaster • Mai 5th, 2023 • Kategorie: GSP-RadioKein Kommentar: Eine kleine deutsch-ukrainische Kontroverse …
Die „Lehre aus der Geschichte“: „Wir“ kommandieren die Werte!
Eine kleine eingeschobene Bitte aus aktuellem Anlass:
Wäre es nicht an der Zeit, diesen Werte-Quatsch einmal bleiben zu lassen? Oder wenigstens zurückzustellen? Und sei die Erinnerung an die „guten westlichen Werte“ auch noch so rhetorisch-ironisch gemeint! Zeitgenossen mit einem einigermaßen durchschnittlichen Gedächtnis und mit einem Mindestmaß an – ja, ich spreche es hiermit aus! –, mit einem Mindestmaß an intellektueller Redlichkeit, denen kann das Offensichtliche nicht verborgen bleiben: Die westlichen Werte sind nichts wert! Bzw. sind sie halt ganz anders gemeint und anders zu verstehen: Die Werte sind das moralische Handwerkszeug der Machthaber, die damit sich ins Recht setzen, in der Regel gegen ihresgleichen außerhalb – aber als moralische Handhabe gegen die Machthaber sind sie nichts wert.
Die Berufung auf Werte selbst ist eine denkbar primitive Technik – der Werteanbeter dementiert seine politischen Interessen und Zwecke, indem er eine dienende Stellung zu einem höheren Zeug beansprucht, und dadurch verabsolutiert er seine Ansprüche, im Fall des Falles! Das ist alles; und alle Menschen guten Willens mit einem durchschnittlichen Gedächtnis wissen oder könnten wissen, wie frei und berechnend die westlichen Machthaber mit ihren Werten hausieren, und wie zweckmäßig die sog. „Realpolitik“ ins Treffen geführt wird, wenn gute Beziehungen zu auswärtigen regierenden Folterknechten und Autokraten gebieten, den Werte-Ball öfter mal sehr flach zu halten. Die Behauptung, die Hüter der westlichen Werte würden sich beim Globalisieren daran orientieren, wie gut oder schlecht auswärtige Machthaber ihre Untertanen behandeln, ist erst mal als zu kennzeichnen, was sie ist: Heuchelei – um es auch ein wenig wertebasiert auszudrücken.
Insofern ist es eine Unart, sich auf Werte zu berufen, sie hochzuhalten, indem ein Verstoß moniert wird – wenn man gerade und überdeutlich bemerkt, wie instrumentell und situationselastisch die Dinger benutzt werden. Der harte Werte-Kern, das ist die Position des Aufsehers und Richters über den Rest der Welt, die da beansprucht wird, und in dem Sinn sind die Werte auch bitter ernst gemeint.
(…)
Was will uns Lafontaine damit sagen, mit dieser ganz fein austarierten Schuldzuweisung? Dass das geläuterte und veredelte Deutschland, auf das sich Steinmeier beruft, doch noch – eigentlich! – ein kleines bisschen besser sein müsste als seine minderwertigen, alle Werte mit Militärstiefeln tretenden ukrainischen, polnischen und amerikanischen Verbündeten? Weil – an deren miesen Machenschaften sich Klasse-Deutschland eh’ bloß „beteiligt“, wie er so ausgewogen formuliert?
Über Leichen gehen sie alle – stimmt, und auf Werte berufen sich auch alle! Wieso sollte man da kritisch mitmachen und die Werte affirmieren? Wenn es schon darum geht, sich „eigene Gedanken zu machen“ auf „NachDenkSeiten“ – wäre da nicht mal ein Ergebnis fällig? Wenigstens eine separate Würdigung des Wertewesens?
Ein Spannungsverhältnis zwischen dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker und der territorialen Integrität der Staaten“?
… und ein neuer Stern am Ost-Horizont!
Wieder mal: „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ (Heraklit)
Zumindest soll er der Vater eines neuen, mächtigen, Europa dominierenden Polen werden. Vor etlichen Jahren, nämlich 2016, etwas mehr als zehn Jahre nach der Osterweiterung der EU und nach dem polnischen EU-Beitritt, damals also hat die polnische Elite die Ergebnisse der polnischen Beteiligung an der hochgelobten „europäischen Friedensordnung“ ziemlich verbittert bilanziert (…)
Diese Abneigung hat sich im weiteren Verlauf zu einer hochgradig gegenseitigen gesteigert. Die Differenzen der europäischen Institutionen (v.a. Parlament und Kommission) mit der polnischen (und der ungarischen) Regierung, die mangels nationaler Erfolge das vorgegebene Mitmachen in der EU nicht mehr als ihren alternativlosen Erfolgsweg anerkennen und praktizieren wollten, diese Differenzen haben sich immerhin bis zu schweren Vorwürfen radikalisiert (…)
Im Lichte dieser polnischen Unzufriedenheiten und Ambitionen wird der nunmehrige Krieg geradezu als ein Geschenk des Himmels begriffen – an den in Polen bekanntlich fest geglaubt wird. Da wird immerhin ein Umsturz innerhalb Europas anvisiert. (…)
Da schau, ein Abkommen mit Russland auf der Basis wechselseitiger Anerkennung kommt also nicht mehr in Frage? Mal abgesehen davon, dass aus russischer Sicht ein Abkommen ohnehin das Papier nicht wert ist, auf dem es gedruckt wird – remember Minsk! –, bleibt dann nur noch das Diktat eines Siegfriedens. Die aufgewärmte Erinnerung an den verblichenen Kommunismus untermauert dabei höchstens, dass heutzutage die pure imperialistische Machtkonkurrenz die Tagesordnung bestimmt, von einem Systemgegensatz kann schließlich keine Rede mehr sein. Wie will Polen nun gewinnen? (…)
Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Aber erst nach dem Sieg.
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