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Fundsachen: Heinrich Harbach / Werner Richter: Zum Wert

Von • Jan 4th, 2021 • Kategorie: Allgemein

Heinrich Harbach / Werner Richter: Zum Wert

 

Nach dem begrüßenswerten Bemühen von Brend Tragen, die Analyse des Kapitalismus von Marx dem Publikum allgemeinverständlich nahezubringen, drängt sich die Notwendigkeit auf, eine Definition des Wertes nachzureichen. Auf diese verzichtete der Autor bewusst und verständlich.

Es ist der Lesergemeinde zuzumuten, eine wissenschaftlichere Erläuterung des Wesens des Wertes zur Kenntnis zu nehmen. Damit ist dieser Text von uns eine Fortsetzung der Artikel zum Wert. Auch soll eine mehrfach in der Forumsdiskussion erhobene und vertröstete Forderung befriedigt werden, doch eine kurze Wertdefinition zur Verfügung zu stellen, was hiermit geschieht.

 

Die Wertformanalyse und die Wertdefinition sind nicht Sache von Theoretikern oder nebensächlich. Sie sind notwendiger Ausgangspunkt jeglicher Bestimmung realistischer Strategie und Taktik der Linken. Sie sind „Springpunkt“ für das Verständnis der Politischen Ökonomie.

 

Der Beitrag soll Anregung zum Nachdenken erzeugen.

 

1. Heinrich Harbach: Die Wertform: Das Fundament der kapitalistischen Produktionsweise Die wissenschaftliche Bedeutung des Marxschen Themas der „Wertform“

https://www.heise.de/tp/features/Die-Wertform-Das-Fundament-der-kapitalistischen-Produktionsweise-4237120.html

 

 

2. Werner Richter: Wertgesetz und warenlose Gesellschaft Zur noch ausstehenden Debatte über eine zukünftige Gesellschaft der Bedürfnisse

https://www.heise.de/tp/features/Wertgesetz-und-warenlose-Gesellschaft-4328275.html?seite=all

 

 

3. Werner Richter: Nichtwarenproduktion in der Gegenwart?

Zur noch ausstehenden Debatte über eine zukünftige Gesellschaft der Bedürfnisse

https://www.heise.de/tp/features/Nichtwarenproduktion-in-der-Gegenwart-4351813.html

 

 

4. Werner Richter / Heinrich Harbach: Das Manko der marxistischen Theorie Hat die Gesellschaftsanalyse des Kapitalismus von Marx eine Perspektive?

https://www.heise.de/tp/features/Das-Manko-der-marxistischen-Theorie-4412292.html?seite=all

 

5. Heinrich Harbach / Werner Richter: Zur Wertdefinition Eine wissenschaftlichere Erläuterung des Wesens des Wertes.

Ergänzung zur Artikelserie „Was spricht für den Kapitalismus?“

 

https://www.heise.de/tp/features/Zur-Wertdefinition-5000507.html

5 Responses »

  1. Anmerkungen zu:
    Heinrich Harbach, Die Wertform: Das Fundament der kapitalistischen Produktionsweise
    (https://www.heise.de/tp/features/Die-Wertform-Das-Fundament-der-kapitalistischen-Produktionsweise-4237120.html – alle folgenden Zitate daraus)
    „Der Wert erscheint auch nicht als solcher, sondern nur in seiner Erscheinungsform, dem Tauschwert. Der Wert entsteht aus einer Beziehung von zwei unterschiedlichen Gebrauchswerten, die als Arbeitsprodukte als gleich und vergleichbar aufeinander bezogen werden. Damit dies möglich ist, müssen die Arbeiten neben ihrer Eigenschaft, Natur umzuformen und unterschiedliche Gebrauchswerte zu erzeugen, auch die banale Eigenschaft haben, menschliche Arbeiten zu sein. Diese Eigenschaft, allgemeine (abstrakt) menschliche Arbeit zu sein, haben die Arbeiten der Menschen in allen Gesellschaftsverbänden, in denen sie zusammenleben.“
    Die Analyse von Harbach beginnt gleich mit einem Fehlstart: Der Wert „entsteht“ nicht dadurch, dass zwei unterschiedliche Gebrauchswerte aufeinander bezogen werden, der Wert muss dieser Beziehung schon vorausgesetzt sein, damit sie unter Abstraktion von ihren Gebrauchswerteigenschaften aufeinander bezogen werden können. D. h., die Produkte müssen von vornherein als werthaltig auf die Welt gekommen sein. In der Gleichsetzung der Produkte wird zugleich von den sachlichen Besonderheiten der sie jeweils hervorbringenden Arbeiten abstrahiert, wird Arbeit auf reine zeitlich quantifizierte Verausgabung von Arbeitskraft reduziert. Im Austausch werden also Quanta abstrakter Arbeit gleichgesetzt. Das ist die Abstraktion, die der Arbeit angetan wird, wenn sie als Substanz des Werts existiert. Prinzipiell gilt damit: Je mehr Arbeit geleistet wird, desto größer ist der von ihr geschaffene Wert, desto größer ist die damit geschaffene Zugriffsmacht auf Reichtum in fremder Hand. Harbach jedoch entdeckt an dieser Gleichsetzung lediglich die allerdings „banale Eigenschaft“ der Arbeit, dass es sich um menschliche Arbeit handeln muss (was denn sonst??? Tiere arbeiten nicht!). Und wie wundersam, diese Eigenschaft der Arbeit ist in allen Gesellschaftsformationen gleich. Und dann ermöglicht diese Eigenschaft auch noch die Gleichsetzung der Waren/Arbeiten – erstens eine überflüssige Feststellung, denn was wirklich ist, wird schon auch möglich sein; zweitens aber macht er damit den Wertcharakter der Waren zu einem Rätsel:
    „Dieser Marxschen Herleitung konsequent zu folgen, heißt, Wert ist etwas, was Menschen weder sehen, anfassen, riechen oder schmecken können. Da aber die politisch vorgegebene Interpretation z. B. einer sozialistischen Marktwirtschaft unbedingt eine Quantifizierung des Wertes bräuchte, über-sieht die Theorie diese logische Folgerung [welche meint er?] und sucht nach Möglichkeiten, den Wert zu messen. Wert aber [?] ist immateriell, ein Produktionsverhältnis, eine Beziehung von Waren gegeneinander. Also [?] wird so getan, als ob der Wert so etwas wie eine dritte Sorte von Arbeit neben abstrakter und konkreter Arbeit sei, die im Produktionsprozess einer Ware eingeimpft worden wäre.“
    Harbach stellt richtig fest, dass Wert etwas Immaterielles ist und keine physische Eigenschaft der jeweiligen Produkte. (Will er mit seinen anschließenden Äußerungen behaupten, dass ausgerechnet Wert nicht quantifizierbar, nicht messbar sei?) Wie aber kommt er auf „dritte Sorte von Arbeit“? Wenn an Arbeit nur ihr konkreter und ihr fehlerhaft gefasster „abstrakter“ = „menschlicher“ Charakter zu unterscheiden ist, muss natürlich unerklärlich bleiben, wie der Wert den Waren per Arbeit „eingeimpft“ wird. Das kann dann nur besagte „dritte Sorte Arbeit“ sein.
    „Noch anerkennend, dass Marx die Realisierung des Wertes in den späteren Austausch verwies, will man [wer?] dann den Wert auf dem Markt messen. Dann jedoch ist der Produktionsprozess längst abgeschlossen und auch nicht mehr reproduzierbar. Um ihn aber messen zu können, wäre … die Reproduzierbarkeit unbedingte Voraussetzung. Der „Wert“ wird trotzdem gemessen und heraus kommt ein Ergebnis aus konkreter Arbeit, das zum Wert deklariert wird.“
    Hier tut er so, als ginge es auf dem Markt um eine objektive Methode der Ermittlung des „wirklichen“ Werts einer Ware, die aber in Wirklichkeit gar nicht möglich sei, wegen „Nicht-reproduzierbarkeit“ des Produktionsprozesses. Kürzt wieder alles raus, was die quantitative Gleichsetzung der Waren auf dem Markt über die gesellschaftlichen Verhältnisse sagt. Muss dann feststellen, dass der Wert, der plötzlich in Anführungszeichen auftritt, dennoch gemessen wird, und dass konkrete Arbeit als Wert deklariert wird.
    „Ein anderer Zusammenhang aus der Wertformdarstellung von Marx ist, dass Arbeitsprodukte als abstrakt menschliche Arbeiten in allen Gesellschaften gleich und vergleichbar sind, aber [?] indem sie in ein Austauschverhältnis gebracht werden, erhalten sie eine Wertform und werden damit zu Trägern menschlicher Beziehungen in sachlich-gegenständlicher Form. Die Wertform charakterisiert sie damit [?] als eine historisch temporäre und vorübergehende gesellschaftliche Beziehung von menschlichen Arbeitsprodukten.“
    „Der Wert ist eine (sachlich-gegenständliche) gesellschaftliche Beziehung von Arbeitsprodukten.“
    Da wird wieder nicht richtig deutlich, ob dem Autor klar ist, dass und wie sich über das quantitative Austauschverhältnis der Waren das zugrunde liegende gesellschaftliche Verhältnis vermittelt, wenn er immer wieder von der gesellschaftlichen Beziehung von Arbeitsprodukten redet. Marx‘ Aussage war doch, dass sich das gesellschaftliche Verhältnis als Verhältnis von Sachen darstellt.
    „Es sind der Wert und die Wertformen, die in einem blind-wirkenden Zusammenhang ein komplexes Ganzes (eine Totalität) erzeugen.“
    Damit ist Harbach erfolgreich bei einer nichtssagenden Bestimmung gelandet: ganz schön komplex und total das Ganze.
    Dann kommen ein paar richtige Bestimmungen, von Marx übernommen: der gesellschaftliche Zusammenhang wird nicht durch die Gebrauchswertseite der Produkte und Produktion bestimmt, sondern durch die Wertseite. Reichtum in abstrakter Form – Wert eben – soll geschaffen werden, und das heißt immer, der eingesetzte, vorgeschossene Wert soll vermehrt werden: Mehrwertproduktion.
    Die marxistische Theorie errichtet auf einen Wertbegriff ihr Fundament, der den Wert „als Vergegenständlichung einer in der Luft schwebenden abstrakt menschlichen Arbeit“ begreift, der die jeder menschlichen Arbeit innewohnenden allgemeinen quasi ahistorischen Eigenschaften, sowohl konkret nützliche Arbeit als auch abstrakt menschlicher Arbeit zu sein, ignoriert. Hier beginnt die Abweichung des Marxismus von Marx und führt zu illusionäre Strategien, die zu den bekannten Fehlinterpretationen führen mussten.
    Was wird hier als Fehler des „Marxismus“ festgehalten? Er ignoriere die ahistorischen Eigenschaften der Arbeit, sowohl „konkret nützlich“ als auch „abstrakt menschlich“ zu sein. Erstens schon mal logisch blöd, einer Theorie vorzuwerfen, was sie nicht macht. Zweitens ist die Erkenntnis auch nicht gerade umwerfend, wenn man weiß, dass menschliche Arbeit konkret nützlich und zusätzlich noch, na was: abstrakt menschlich ist. Das soll ihr „Doppelcharakter“ im Kapitalismus sein???
    Wohin die Reise gehen soll, wird dann auch noch deutlich:
    „Die wissenschaftliche Interpretation ist gefordert, die Diskussion muss geführt werden, denn die Menschen erwarten ein attraktiveres alternatives Gesellschaftsbild als die bisherigen, die nur eine reformierte sozialistische Warenwirtschaftsgesellschaft versprechen.“
    Die Wissenschaftler sollen ihre Einbildungskraft gefälligst anstrengen, um den Menschen attraktivere Versprechungen als bisher zu machen. Die Vorschläge lassen auch nicht auf sich warten:
    „Aus der obigen Wertdefinition [wo war die noch mal???] ergibt sich ein völlig anderer Ansatz als üblich. Dieser ergibt sich aus der Analyse des Entwicklungsstandes der Produktivkräfte, der vielleicht erstmalig eine direkte Gebrauchsgüterproduktion ohne Umweg über Ware, Markt, Geld, Kapital möglich macht.
    So werde z. B. Open Source-Software hergestellt, die fast jeder kostenlos nutzt. [Darüber ließe sich auch noch streiten, ob das tatsächlich der Fall ist.]
    „Es entsteht also die Frage, ob diese Tendenz auch in der Produktion materieller Güter Einzug halten könnte, wann, wo, wie. Es gibt über die Welt verteilt bereits zaghafte Anfänge, zum großen Teil aus Not geboren, aber funktionierend. Da aus Not geboren haben diese Beispiele ein Manko: Sie werden mit relativ einfachen Produktionsmitteln ausgeführt, haben jedoch im Kern Keime der Nichtwarenproduktion und können wichtige Erkenntnisse liefern. Sie sind jedoch wie alle gesellschaftlichen Prozesse mit allen Widersprüchen konfrontiert, ein Scheitern im konkreten Falle inbegriffen. Ein besonders interessantes und erfolgreiches Beispiel gibt die Cooperativa Integral Cataluna…“
    Die „Revolution der Produktionsverhältnisse aus der Entwicklung der Produktivkräfte“ soll also die Lösung sein. Bei der hoffnungsvollen Darstellung solcher Projekte wird stets zugegeben, dass diese sich unter den aktuellen kapitalistischen Bedingungen nur prekär in Nischen halten können, stets vom Untergang oder gar der Übernahme durch das Kapital bedroht sind – und trotzdem soll aus diesen marginalisierten Inseln eine nicht-kapitalistische Produktions-weise hervorgehen. Auch so kann man sich vor der Notwendigkeit drücken, dass erst einmal die Macht des Kapitals zu brechen ist, bevor die Produktivkräfte zu einem Segen werden können.

  2. @Herr Krause

    „Der Wert „entsteht“ nicht dadurch, dass zwei unterschiedliche Gebrauchswerte aufeinander bezogen werden, der Wert muss dieser Beziehung schon vorausgesetzt sein, damit sie unter Abstraktion von ihren Gebrauchswerteigenschaften aufeinander bezogen werden können. D. h., die Produkte müssen von vornherein als werthaltig auf die Welt gekommen sein. In der Gleichsetzung der Produkte wird zugleich von den sachlichen Besonderheiten der sie jeweils hervorbringenden Arbeiten abstrahiert, wird Arbeit auf reine zeitlich quantifizierte Verausgabung von Arbeitskraft reduziert. Im Austausch werden also Quanta abstrakter Arbeit gleichgesetzt.“

    Während sich Harbach für die „Entstehung“ des Werts auf die Zirkulationssphäre schlägt, betonst du die Produktionssphäre. Kann es aber sein, dass eine einzelne Ware ohne Bezug auf andere Waren „werthaltig“ ist? – und ihr Wert der Tauschbeziehung „vorausgesetzt“ ist?

    Ich denke zum Wert gehören beide Sphären notwendig dazu. Sieht man nur den Tauschwert in den Tauschverhältnissen, übersieht man die wertförmige Produktion. Sieht man nur den produzierten Arbeitswert, übersieht man die Vermittlung über Tauschakte mit anderen Waren.
    Der Tauschwert zeigt die Gleichsetzung abstrakter, gesellschaftlich notwendiger Arbeit an (über die Waren als die Träger dieser bereits materialisierten Arbeit), die als solche im Produktionsprozess stattgefunden haben muss. Diesen Zusammenhang nach einer Seite hin aufzulösen halte ich für falsch.

    Klar, letztlich „entsteht“ der Wert (im Sinne von Wertinhalt bzw. -größe) in der Produktion durch die verrichtete Arbeit. Die Form Wert oder das Verhältnis des Wertes ist etwas davon Verschiedenes, dieses Verhältnis kann nicht mit der Produktion allein erklärt werden.

    Gruß

  3. OK, meine Ausführungen waren wohl missverständlich und unzureichend. Ich hatte nicht die Absicht, eine alternative Erklärung für die Entstehung des Werts anzubieten, statt aus der Zirkulationssphäre aus der Produktionssphäre, sondern ich wollte zunächst einmal die Fehler in Harbachs Argumentation aufdecken und dann erklären, was abstrakte Arbeit ist.

    Der erste Punkt sollte ganz einfach sagen, dass bei der Gleichsetzung zweier Waren im Tausch das Dritte, worin sie gleich sind, ihr Wertcharakter, schon irgendwie „in“ den Waren stecken muss (klar: nicht als physische Eigenschaft), dass da insofern also nichts „entsteht“, was nicht ohnehin schon da ist. (Wie groß der Wert ist, ja sogar, ob eine Ware überhaupt ver-käuflich ist und damit Wert verkörpert, entscheidet sich in der Marktwirtschaft dann auf dem Markt. Dazu weiter unten mehr.)

    Harbachs darauf folgende Bestimmung der abstrakten Arbeit ist, wie er selbst merkt, banal: es handele sich um menschliche Arbeit, wie es sie in allen Gesellschaftsformationen gebe. Abstrakt hat bei ihm nur diesen ganz leeren Inhalt „menschlich“, ja, er redet noch nicht einmal von der Reduzierung der Arbeit auf ihre rein quantitative Verausgabung. Wegen dieser Banalität hat Marx das „Kapital“ sicher nicht geschrieben.

    Ich wollte Folgendes erklären: Wenn es im Tausch darauf ankommt, den in den Waren steckenden Wert in Geldform zu realisieren, dem Verkäufer (Eigentümer) damit ein Quantum ausschließlicher Verfügungsmacht getrennt von dem Produkt zu verschaffen, mit dem es in die Welt gekommen ist, was bedeutet das für die Arbeit? Da ist nicht bloß die Selbstverständlichkeit festzuhalten, dass für die Herstellung des Produkts ein bestimmtes Quantum Arbeit verausgabt worden ist, sondern dass gesellschaftliche Gewaltverhältnisse unterstellt sind, unter denen Arbeit überhaupt erst Tauschwert hervorbringt. Welche Bestimmungen also hat die Arbeit, wenn ihr Produkt zu Geld wird?

    a) Als private Arbeit zählt sie selbst nur als Quelle von Eigentum schlechthin. Ihr Nutzen ist nicht das konkrete Produkt, der Gebrauchswert, zur Befriedigung eines Bedürfnisses, sondern das durch das Produkt repräsentierte Quantum privater Verfügungsmacht für den Produzenten, das vom Produkt getrennt als Geld beim Produzenten landet.

    b) Wenn es auf diese abstrakte Form des Reichtums ankommt, zählt die ihn hervorbringende Arbeit folglich als abstrakte: Ihr Produkt muss sich als austauschbar erweisen. Sie zählt nur, wenn sie Wert schafft und dasselbe leistet wie alle anderen gesellschaftlichen Teilarbeiten: Dienst am Eigentum durch Verausgabung von Lebenszeit und –kraft. Ihren ökonomischen Zweck erreicht die wertschaffende Arbeit nicht durch ihre konkrete Nützlichkeit, sondern allein durch die Menge, die Dauer des Einsatzes von Arbeitskraft überhaupt. Das Attribut abstrakt der wertschaffenden Arbeit verweist also auf folgende Absurdität: Der geschaffene stoffliche Reichtum zählt allein danach, in welchem Umfang für seine Herstellung Arbeitszeit verbraucht und Arbeitskraft verschlissen wird. In diesem rein negativen Sinn hat der geldförmige Reichtum im Kapitalismus im Quantum Arbeit sein Maß.

    c) Wie viel Wert die Arbeit tatsächlich schafft, hängt gar nicht von ihr selbst ab, sondern vom Verkaufsakt. Der Erlös auf dem Markt bestimmt, wie groß der Nutzen der Teilarbeit tatsächlich war. In der Konkurrenz um den Preis muss die Arbeit beweisen, ob sie das Attribut gesellschaftlich notwendig verdient, also einen gesellschaftlichen Bedarf bedient. Und der zählt nach dem Quantum geldförmiger Zugriffsmacht, über das die verschiedenen Bedürfnisse verfügen. So hängt es nicht von den verausgabten Arbeitsstunden ab, wie groß der Nutzen ist, den sie dem Eigentümer stiften, sondern umgekehrt entscheidet der in der Marktkonkurrenz erzielte Gelderlös darüber, wie viel gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeit die individuell geleistete Arbeit repräsentiert, wie sehr und ob überhaupt das aufgewandte Quantum Arbeitszeit als Wertquelle wirksam geworden ist.

    So weit erst mal als Verdeutlichung dessen, was ich sagen wollte. Genauer nachzulesen übrigens hier: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wert, insbesondere Punkt I.1.

    Harbach redet zwar auch von einem „Produktionsverhältnis“, benennt aber noch nicht einmal den Interessengegensatz, den er als Marxist darin doch bemerken müsste. Statt dessen setzt er seine Hoffnung, anders kann ich es nicht nennen, auf die „menschliche“ Seite der Produktion, die er in den genannten Produktionsprojekten und ökonomischen Experimenten realisiert vorzufinden meint. Vom Klassenkampf hat er sich damit verabschiedet.

  4. @Herr Krause
    Danke für deine Antwort. Ich war mit deinen sonstigen Ausführungen einverstanden, nur der genannte Punkt schien mir unverständlich. Es ist denke ich ja ganz gut, wenn man sich trotzdem darüber verständigen kann. Auch den Großteil deiner Antwort sehe ich ein.

    Mir schien an der Erläuterung von Harbach auch auffällig, dass er über den Aspekt „gesellschaftlich notwendig“ und „gesellschaftlich durchschnittlich“ der Arbeit hinweggesehen hat, was aber finde ich unerlässlich für die Bestimmung der „abstrakten Arbeit“ ist.

    Dein Punkt c) wurde in einer Diskussion (über mehrere Artikel) zwischen Michael Heinrich und Norbert Trenkle auch behandelt. Ich wollte nur den Hinweis geben: Mir fällt an deiner Argumentation auf, dass du den Wert (teilweise) soz. mit Oberflächenkategorien, also mit „Erlös auf dem Markt“ und „Preis“ erklärst. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Zusammenhang so direkt existiert.

    „Harbach redet zwar auch von einem „Produktionsverhältnis“, benennt aber noch nicht einmal den Interessengegensatz, den er als Marxist darin doch bemerken müsste. Statt dessen setzt er seine Hoffnung, anders kann ich es nicht nennen, auf die „menschliche“ Seite der Produktion, die er in den genannten Produktionsprojekten und ökonomischen Experimenten realisiert vorzufinden meint. Vom Klassenkampf hat er sich damit verabschiedet.“

    Einerseits will ich den Autoren in Schutz nehmen, immerhin will der von dir zitierte Artikel nur über die Wertform aufklären. Man müsste dann auch Marx vorwerfen, dass er im ersten Kapitel K1 nicht die Klassen zur Erläuterung der Wertform anführt.

    Im Artikel „Zur Wertdefinition“ wird der Wert aber von den Autoren beschrieben als „gesamte gesellschaftliche Vermittlungsstruktur“ die „alle Bereiche der Gesellschaft erfassen und dominieren“ würde, „er ist in der kapitalistischen Gesellschaft die beherrschende und dominierende Beziehung“, er sei „ein Sein.“
    Andererseits erkennt man also in den Formulierungen (und Auslassungen) mindestens eine Anschlussfähigkeit zur Tendenz in den „Neuen Marx-Lektüren“, welche die gesellschaftliche Form zur alleinigen Herrschaft avancieren lassen – in der Theorie der „subjektlosen Herrschaft“ (der Titel eines Aufsatzes von Robert Kurz). Das ist eindeutig ein Fehler, der von der Kritischen Theorie übernommen wurde, mit ihrer Betonung von „Verdinglichung“ und dem Fokus auf die Tauschbeziehungen vergisst man glatt die Klassenverhältnisse – und hat es dann doch nicht mehr so eilig diese Verhältnisse umzuwerfen, vielmehr schwört man umso mehr auf deren Ideale.

    In meinen Augen ist es zum einen zwar richtig, gegen den traditionellen Marxismus die gesellschaftliche Form hervorzuheben, ansonsten landet man wieder beim Realsozialismus, der mit kapitalistischen „Hebeln“ aufgepeppt wird und damit alle kapitalistischen Formen und Kategorien unkritisch übernimmt, die mit neuem sozialistischen, arbeiterfreundlichen Inhalt gefüllt werden. Zum anderen schießt dieser formanalytische Marxismus über das Ziel hinaus.

    Zu deren Vorstellung wäre zu sagen: Der Wert mag herrschen, auch Freiheit und Gleichheit und die Tauschbeziehungen, als „stummer Zwang“ „hinter dem Rücken der Produzenten“, über den die Bürger so ihre falschen Einbildungen haben (der totale „Verblendungszusammenhang“); nur dient jenes gesellschaftliche Verhältnis, jene Struktur eben auch gesellschaftlichen Zwecken, da diese gesellschaftlich sind und nicht außerhalb der Gesellschaftsmitglieder und ihrer Interessen existiert. Eine gesellschaftliche Struktur strukturiert eben Interessen und ist für sich gar nicht ohne Interessen denkbar. Hier dient sie eben als Klassenverhältnis dem Zweck der Ausbeutung in der Produktion, von dem sowohl Kapital als auch Staat profitieren. Denn was soll eine Herrschaft sein, die keinem gesellschaftlichen Subjekt dient, wie soll eine Struktur allein herrschen? Der formanalytische Marxismus avanciert die Form zu einem eigenen Inhalt, zu einem neuen Subjekt – das ist verfehlt. Ironischerweise ist die Vorstellung des Kapitals (eben auch eine Wertform) als „automatisches Subjekt“ bloß eine Fetischkritik von Marx, also eine Illusion der Bürger über ihre Verhältnisse – dieser formkritische Marxismus nimmt diesen Fetisch hingegen für bare Münze und nicht für Ideologie. So wird nur noch die Seite der Zirkulationssphäre gesehen: der Tausch zwischen Gleichen und Freien, während die Produktionssphäre: die Ausbeutung der einen Klasse durch die andere, die gerade über diese Vermittlungsform der Tauschbeziehung konstituiert ist, hingegen ignoriert wird.

    Der Gegenstandpunkt hat bereits einige Vertreter dieser Theorie „subjektloser Herrschaft“ kritisiert – aus der Richtung Neue-Marxlektüre Michael Heinrich (der die Kritik des GSP in späteren Texten teilweise sogar, indirekt, eingesehen hat), im Bereich Wertkritik Robert Kurz, und aus der antinationalen Ecke das „… ums Ganze!“-Bündnis, fehlen nur noch die Antideutschen (wie die ISF).

  5. Auffällig an den Autoren ist, dass sie (ich sage einmal platt) stark orthodox „versifft“ sind, ganz im Gegensatz zu ihrem Selbstverständnis, den „Marxismus/Leninismus“ „in Frage gestellt zu haben“.

    – Sie hängen immer noch einem „Histomat“ an: „die Dynamik des kapitalistischen Grundwiderspruchs“ führe zum „drohenden gesellschaftlichen Supergau“, Krisen würden zukünftig nicht mehr regulierbar sein – nicht einmal durch Regierungen. „Und eben diese [Funktionalität des kapitalistischen Warenproduktionssystems] hat sichtbar ihre Grenzen erreicht.“ (alle folgenden Zitate aus dem Artikel „Wertgesetz und warenlose Gesellschaft“, wenn nicht anders angegeben) Da ist also ein historisches Entwicklungsgesetz am Werk, das den Kapitalismus zum Untergang führt.

    – „Der Grundwiderspruch kapitalistischer Warenproduktion besteht zwischen der gesellschaftlichen Produktion und der privaten Aneignung des objektiv entstehenden Mehrwertes.“ Es wird hier die technische mit der gesellschaftlich-strukturierten Seite der Produktion verwechselt. Dass die Produktion gesellschaftlich stattfindet – meint wohl: über Kooperation der Arbeiter im Betrieb und über Arbeitsteilung –, ist erst einmal ein technischer Aspekt; dass diese Produktion den Zweck hat, die Besitzer der Produktionsmittel privat zu bereichern, ist eben in der Gesellschaftsordnung begründet. Komisch ist gerade, dass es genau umgekehrt ist: Je „gesellschaftlicher“ die Produktion desto erfolgreicher die Kapitalisten. Die Kooperation usw. ist gerade technisches Mittel für den Wettkampf am Markt. Dieser „Grundwiderspruch“ von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen ist so also überhaupt keiner.

    – Und überall, wo ihnen die Erklärung eines Zusammenhangs fehlt, da reden sie von einem abstrakten „Widerspruch“, ohne ihn auch nur irgendwie zu bestimmen („Diamat“) – bzw. werden ganz falsche Zusammenhänge konstruiert, wie der vorherige Punkt verdeutlicht.

    – Typisch für den Marxismus der Arbeiterbewegung war auch seither die falsche Vorstellung, Reformen und systemimmanente soziale Errungenschaften seien „günstige Voraussetzungen für tiefgreifenden Wandel“. Es ist widersprüchlich, den Kampf für Reformen austragen zu wollen als angeblich „günstige Voraussetzung“ für die Revolution, um hinterher wieder gegen diese Reformen zu kämpfen für andere Verhältnisse. Warum soll man den Umweg gehen, den Kapitalismus zu erkämpfen (das wollten die Histomat-Freunde ja tatsächlich, in vorkapitalistischen Ländern) oder zu verbessern, um hinter genau das zu bekämpfen, was man erkämpft hat? Anstatt gleich mit dem schädlichen Verhältnis aufzuräumen… Mit dieser Lüge können die Autoren Harbach und Richter dann auch praktisch Bezug nehmen auf jede noch so konstruktive Bewegung und jedes „aus Not geborene“ alternative Projekt der Überlebenskunst im Kapitalismus, denen sie progressiven, emanzipativen Charakter unterstellen, in denen sie „Keime der Nichtwarenproduktion“ (aus „Die Wertform: Das Fundament der kapitalistischen Produktionsweise“) hineinprojizieren.

    Viele Punkte findet man auch in dem alten Artikel „Teleologischer Reklamefeldzug für Marxsche Theorie – ENGELS, DIE ENTWICKLUNG DES SOZIALISMUS VON DER UTOPIE ZUR WISSENSCHAFT“ in der MSZ Nr. 2 von 1983. Tatsächlich ist Engels (gerade mit dem „Anti-Dühring“) der Begründer des „Revisionismus“ (eine Bezeichnung der MG damals), des orthodoxen Marxismus der Arbeiterbewegung.