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IVA: Marx is back

Von • Apr 28th, 2017 • Kategorie: Allgemein

IVA: Marx is back

 

 

Tja, er ist wieder da, wieder hier… Weil die Öffentlichkeit den Brauch der runden Jahreszahlen pflegt – 150 Jahre „Das Kapital“, nächstes Jahr der 200. Geburtstag –, kommt man an dem alten Rauschebart in Medien und Kulturbetrieb kaum noch vorbei. Zur jüngsten „Marx-Renaissance“ einige Hinweise der IVA-Redaktion.

Seit dem Ende des Adenauerstaats, als die bewegten Studenten die Klassiker der Kapitalismuskritik wiederentdeckten und man z.B. in der katholischen Soziallehre über eine „Marx-Renaissance“ diskutierte (Nell-Breuning 1969), reißen die Rückblicke nicht mehr ab. Medien, Buchmarkt und speziell das Feuilleton lassen sich das Thema nicht entgehen, aber auch im Bildungs- und Wissenschaftsbetrieb – vom Jubiläumsband der Edition Suhrkamp „Folgen einer Theorie“ (Mohl 1967) bis zum aktuellen Marx-Forum der Universität Oldenburg (Adresse siehe unten) – greift man den Anlass gerne auf. So kommt es zu einer merkwürdigen Aktualität, die, wie es im Auswege-Magazin heißt, „in allerlei Jubiläumsaktivitäten vom Trierer Lokalpatriotismus bis zur europäischen Filmförderung (Raoul Pecks Film ‚Der junge Marx‘) breit getreten wird“ (Schillo 2017, 1). Dazu gehört auch, dass sich „neue Ideen, oft solche mit ‚marxistischem‘ Hintergrund, in der volkswirtschaftlichen Publizistik der letzten Jahre enorm vermehr(en)“ (Schuster 2017, 2). Besonders seit der Abdankung des Ostblocks ist diese Wiederaneignung auf Touren gekommen, und so konnte man 1998 zum 150. Jubiläum des Kommunistischen Manifests in FAZ, Spiegel, Zeit, Handelsblatt etc. erstaunliche Lobpreisungen auf die hellsichtigen Dia- und Prognosen dieses einst verrufenen Textes lesen.

Die Zeitschrift Gegenstandpunkt (GS) hat anlässlich dieser letzten großen Feierstunde die Verrücktheiten der Retrospektiven aufs Korn genommen (vgl. Held 1998) und ihrem Kommentar gewissermaßen als Motto ein Zitat aus der Wirtschaftsredaktion der SZ vorangestellt: „Nun, da es einen ernstzunehmenden Marxismus nicht mehr gibt, besteht auch die Chance, vorurteilsfrei die Seiten des Marxschen Werkes zu betrachten, in denen er recht behielt.“ (Nikolaus Piper, SZ, 21.2.98) Dazu hieß es im GS-Artikel: „Mit der größten Selbstverständlichkeit legt dieser Vertreter der absolut überparteilichen und unabhängigen ‚vierten Gewalt‘ ein Bekenntnis zum parteilichen Denken im Dienste seiner Obrigkeit ab.

Solange es eine real existierende Alternative zum wunderbaren System von Marktwirtschaft und Demokratie gab, hatte der in westlichen Redaktionen beheimatete kritische Sachverstand schlechterdings keine Chance zur vorurteilsfreien Analyse linken Schrifttums. Propaganda gegen linke Systemgegner war damals nunmal ein Gebot der Freiheit.

Jetzt, wo der gefährliche Spuk vorbei ist, kann man das erstens gelassen zugeben und sich zweitens ganz unverkrampft der Frage zuwenden, was uns das ‚Gespenst‘ aus dem Kommunistischen Manifest heute noch zu sagen hat.“ (Held 1998, 159) Der umfangreiche Überblick des GS geht dann nicht nur auf die erstaunlichen Leistungen der medialen Aufbereitung ein – auf die Negierung des theoretischen Gehalts der hochgelobten Schrift, speziell ihres Kritikcharakters, zugunsten einer Würdigung ihrer angeblichen prognostischen Kraft –, sondern auch auf die Schwächen der alten Kampfschrift (deren Geburtsstunde Raoul Peck übrigens in seinem Film werkgetreu, aber in der Manier eines Bio-Picture nachgezeichnet hat).

Die entscheidenden Punkte zur bürgerlichen Marx-Renaissance kann man in dem genannten Artikel nachlesen, sie sind nicht veraltet. Im Folgenden soll es Hinweise auf Vorgänge oder Veröffentlichungen geben, die für eine Auseinandersetzung mit der verdrängten Theorie heute von Interesse sein dürften. Die Informationen werden bei Bedarf fortgesetzt. (…)

 

Wer übrigens eine Einführung in die Kritik der politischen Ökonomie sucht oder sich überhaupt die Frage stellt, warum er etwas von Marx lesen sollte, kann dazu auf Vorträge von Freerk Huisken, ehemals Professor für Politische Ökonomie des Bildungswesens an der Universität Bremen, zugreifen. Huisken hat Anfang 2017 in der Universität Bielefeld einen Vortrag „150 Jahre ‚Das Kapital‘ von Karl Marx“ gehalten. Diese aktuelle Veranstaltung, die eine „etwas andere Einführung in die Kritik von Geld und Ware, Eigentum und Tausch“ bot, da sie nicht von den Marxschen Schriften, sondern von Grundsachverhalten des marktwirtschaftlichen Lebens ausging, ist zwar nicht im Netz dokumentiert. Doch dafür sind dort frühere Vorträge greifbar, z.B. zur Kritik an Geld und Ware unter:

https://soundcloud.com/user-443222824/eigentum-ware-geld-und-tausch-freerk-huisken.

Oder zu „Arbeit und Reichtum“ die „etwas andere Einführung in die Kritik des Kapitalismus“, die bei YouTube einsehbar ist:

https://www.youtube.com/watch?v=pHOb9NN1qUc.

 

Weitere einführende Vorträge zu Marx von Huisken, Decker u.a. finden sich auf der Dokumentationsseite von Argudiss (Rubrik: Arbeit und Kapital):

https://www.argudiss.de/AuK.

 

https://www.i-v-a.net/doku.php?id=texts17#„marx_is_back

 

 

vgl.:

Das kommunistische Manifest (GS 2-98)

Ein mangelhaftes Pamphlet – aber immer noch besser als sein moderner guter Ruf

I. Ein Gespenst geht um in Europa – die Liebe zum kommunistischen Manifest

– Ein großes Stück Weltliteratur

– Die beste Wirtschaftsprognose, die die Welt gesehen hat

– Eine Sozial-Charta, die durch die soziale Marktwirtschaft längst eingelöst ist

– Eine wertvolle Schrift zur moralischen Erbauung.

II. Das Kommunistische Manifest – Ein Umsturzprogramm: schlecht begründet, leicht verlogen und politisch eher irreführend

1. Kapitel: „Bourgeois und Proletarier“ a) Die Charakterisierung der Bourgeoisie b) Die Charakterisierung des Proletariats

2. Kapitel: „Proletarier und Kommunisten“

3. Kapitel: „Sozialistische und kommunistische Literatur“

4. Kapitel: „Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen oppositionellen Parteien“.

PS.: Die Karriere der Fehler des Kommunistischen Manifests im Realen Sozialismus

http://www.gegenstandpunkt.com/gs/1998/2/gs19982159h2.html

 

und

150 Jahre ‚Das Kapital‘ und seine bürgerlichen Rezensenten (GS 1-17)

 

Der Marxismus – zu Tode interpretiert, vereinnahmt, bekämpft

  1. Die „Wertlehre“: Ein total unbrauchbarer Ansatz fürs richtige wissenschaftliche Verständnis des Kapitalismus!
  2. Die „Klassengesellschaft“: Soziologisch betrachtet ein viel zu simples Schema, zudem empirisch gar nicht nachweisbar!
  3. Das „notwendig falsche Bewusstsein“: Weder notwendig noch falsch, weil einfach nur funktional für die Gesellschaft!
  4. Der „Marxismus“: Eine Denkmethode zur absichtsvollen Untergrabung des Fortschritts der Wissenschaft und der Menschheit überhaupt!

 

http://www.gegenstandpunkt.com/gs/2017/1/inhalt20171.html

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