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Georg Schuster: Warum das Vaterland lieben?

Von • Feb 24th, 2021 • Kategorie: Allgemein

Georg Schuster: Warum das Vaterland lieben?

 

Vom Fußball, kleinen Blauhemden und der Geschichte des Patriotismus (Teil 1)

 

Die Frage könnte auch heißen: Wie wird man Nationalist? Männlicher- wie weiblicherseits, Heranwachsende eingeschlossen. Denn dieser fünfteilige Aufsatz verwendet die Begriffe Patriotismus und Nationalismus synonym und wird das in verschiedener Hinsicht erläutern.

Der erste von fünf Teilen erläutert ein paar landläufige und bildungsbürgerliche Auffassungen zum Gegenstand und zeigt, was sie über ihn verraten.

 

„Fußballnation“

„Warum?“ – „Darum!“

„Was ist eine Nation?“

Es gehört zum Patriotismus, dass er in der nationalen Vergemeinschaftung nicht einfach das Werk einer staatlichen Gewalt gegenüber den Insassen eines in der Vorgeschichte ergatterten Hoheitsgebiets sieht, die darüber zu einem Volk werden – und sich so ein paar landestypische Eigenschaften angewöhnen (lassen). Diese brauchen allesamt ein dauerhaftes staatliches Wirken, ohne die sie nicht in die Welt kämen oder keinen Bestand hätten. In ihnen, aber auch in freier erdachten Bildern und „Narrativen“ – allesamt austausch- und ersetzbar, weil von ihnen nichts abhängt – imaginiert sich der Nationalist dann die besagte vorstaatliche Identität als ideellen Auftraggeber der wirklichen Staatsmacht.2 So sieht er sich seinem Wesen gemäß beheimatet.

 

Lesen Sie den zweiten Teil: Guter Ismus, schlechter Ismus.

 

(Georg Schuster)

 

 

https://www.heise.de/tp/features/Warum-das-Vaterland-lieben-5060270.html

One Response »

  1. Georg Schuster: Was ist – und wie geht

    Nationalismus?

    (…) Teil 4
    Da sich das Volk der Jungen und Alten nicht aus lauter Staatsgründern zusammensetzt, landet die Frage nach dem Grund der Vaterlandsliebe zunächst bei der vorhandenen öffentlichen Gewalt: „Die politische Gesinnung, der Patriotismus überhaupt (…) ist nur Resultat der im Staate bestehenden Institutionen“, sagt der Philosoph Friedrich Wilhelm Hegel dazu.
    In der Tat: Die souveräne Gewalt definiert die ihr zugehörigen Staatsbürger und deren Lebensverhältnisse von Kindesbeinen an in einer umfassenden Weise, die jeder diesen Stichworten entnehmen kann: Staatsangehörigkeit, Schulpflicht, Volljährigkeit, gegebenenfalls Wehrpflicht, Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Regelung des Erwerbs und der Übertragung von privatem Eigentum, Familienrecht, Steuerpflicht, Wahlrecht, Strafbarkeit usw.

    Der Nationalismus, fern davon, eine Übertreibung, Entgleisung oder einen Anachronismus darzustellen, hat zum Ausgangspunkt also die in Gesetze gegossene Räson der Staatsgewalt, die sie im Namen und zum Wohle der Nation exekutiert. Dies beginnt damit, dass der moderne Gesetzgeber allen Bürgern gleichermaßen den legalen Erwerb von privatem Geldeinkommen erlaubt, was dasselbe ist, wie sie darauf festzulegen. Was sie als abhängig Beschäftigte, als Arbeitgeber oder sonstige Besitzbürger aus ihren Einkommensquellen machen können, was diese speist und mehrt, scheidet und gegebenenfalls unergiebig werden lässt, wovon sogar die finanzielle Seite der Staatsgewalt abhängt, nennt sich „die Wirtschaft“ und ihr „Wachstum“.

    Im Dienst daran fasst sich die ökonomische Staatsräson zusammen. Sie weiß und berücksichtigt, dass für die Vermehrung des privaten Geldreichtums ganz sachgemäß das Erwerbsinteresse der Unternehmerschaft und anderer Investoren zuständig ist.

    Die „Revenuequelle Kapital“ (Marx) ist die gesellschaftlich maßgebliche, denn sie mobilisiert die anderen Einkommen, vor allem die aus unselbstständiger Arbeit, für ihren Zweck und stiftet so eine allgemeine und wechselseitige Abhängigkeit. Eine Win-win-Beziehung geht daraus nicht hervor, vielmehr ein bleibender Gegensatz, den die Kapitalbesitzer dominieren. Lohnkosten sind schließlich Abzüge von Gewinnen und Investitionen, also im Interesse des Geschäfts und seines Wachstums zu begrenzen bzw. durch entsprechende Arbeitsbedingungen zu effektivieren.

    Von dieser Art des Wirtschaftens hat der bürgerliche Staat die ganze Gesellschaft und auch sich selbst abhängig gemacht. Kein Wunder also, dass er den staatlich betreuten Erfolg der Marktwirtschaft auf seinem Standort und von demselben aus mit dem Allgemeinwohl identifiziert und nach Kräften fördert. Mit dem Nutzen aller ist auch dieses Wohl nicht zu verwechseln, weil es auf lauter konkurrierenden, sich widersprechenden Interessen beruht, die der hoheitliche Gesetzgeber in Form von Rechten ermächtigt und begrenzt. (…) Forts.:

    Grade veröffentlicht wurde dieser 4.Teil:
    https://www.heise.de/tp/features/Was-ist-und-wie-geht-Nationalismus-5060280.html

    —-

    Von der geplant fünfteiligen Reihe von Georg Schuster über Nationalismus bei Heise/Telepolis sind bisher außerdem erschienen:

    1.) https://www.heise.de/tp/features/Warum-das-Vaterland-lieben-5060270.html

    2.) https://www.heise.de/tp/features/Guter-Ismus-schlechter-Ismus-5060268.html

    3.) https://www.heise.de/tp/features/Paedagogik-der-Vaterlandsliebe-5063842.html