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Renate Dillmann: 15 Jahre Hartz-Reformen

Von • Okt 25th, 2020 • Kategorie: Allgemein

Renate Dillmann: 15 Jahre Hartz-Reformen

 

Ein sozialpolitischer „Paradigmenwechsel“ ist zur Selbstverständlichkeit geworden

 

Beim „zehnjährigen Jubiläum“ der Agenda 2010, gab es noch ziemlich viel Tamtam. Diskutiert wurde, ob die als „Hartz-Reformen“ in den Duden eingegangen Gesetze als Erfolg gewertet werden sollten. Ja, sie waren ein Erfolg – sagten die meisten Politiker und Journalisten, die das deutsche „Arbeitsmarktwunder“ und in den zurück eroberten Konkurrenzvorsprung gegenüber anderen EU-Staaten wie in der Weltwirtschaft ins Feld führten.1

Ein kleines „Aber“ gab es allerdings auch: Öffentlich wurde bedauert, dass die sozialpolitischen Änderungen der „umstrittensten Sozialreform der Nachkriegszeit“ (tagesschau) zu prekären Arbeitsverhältnissen, zu mehr Armut und zu mehr sozialer Ungleichheit geführt hätten – ein Argument, das von links ziemlich stark gemacht wurde. Das war vor fünf Jahren.

Von solchen Diskussionen ist in diesem Jahr, immerhin auch ein runder Geburtstag, nicht mehr viel zu hören. Die Auseinandersetzung um die umstrittene Reform ist so tot wie Wolfgang Clement, einer ihrer „Macher“. Das Leben mit Hartz IV ist offenbar zur Selbstverständlichkeit geworden – insbesondere für die fast 7 Millionen „Hartzis“ (auch das ein neues Wort im Duden!), die von den Regelsätzen leben müssen, auch wenn sie das auf Dauer gar nicht können.

Selbstverständlich geworden sind auch flaschensammelnde Rentner und die seit Einführung der Reform stetig mehr werdenden Tafeln und Kleiderkammern, die das Überleben unter Hartz IV überhaupt möglich machen. Zudem bestimmen die Hartz-Gesetze direkt oder indirekt den gesamten deutschen Arbeitsmarkt, wo Arbeitnehmer sich zu vielem erpressen lassen, um nur ja dem Schicksal der Hartz-Empfänger zu entgehen: befristete Arbeitsverträge, unbezahlte Überstunden, (vermeintliche Zusicherung von) Arbeitssicherung gegen Lohneinbußen usw.

Ein Gesetz hat vor fünfzehn Jahren schlagartig die Lebenswirklichkeit von Millionen verändert. Heute, nur ein paar Jahre später, ist daraus das neue „Normal“ geworden, das nicht mehr als Wirkung eines politischen Willens wahrgenommen wird. Was damals mit welcher politischen Berechnung als neue Bedingung, nach der sich alle zu richten haben, fixiert wurde, ist längst völlig aus dem Blick geraten – eine Feststellung, die nicht alleine für die Geschichte der Hartz-Gesetze gilt.

Ganz gegen die Konjunktur des Zeitgeists, der die Hartz-Gesetze wie vieles andere auch als die „eben“ geltende Normalität abhakt, deshalb im Folgenden einige Erinnerungen an die Gründe (I) für die wichtigste Reform der rot-grünen Schröder-Regierung sowie ein Blick auf ihre Inhalte (II) und ihre nicht geringen Folgen (III).

 

Deutsche Drangsale um die Jahrtausendwende

Rationalisierungen und Krisen

„Wiedervereinigung“ und die Politik der „Treuhand“

Wo liegen die Gründe für diese beispiellose Deindustrialisierung?

Steigende Arbeitslosenzahlen

Inanspruchnahme der Sozialkassen

 

https://www.heise.de/tp/features/15-Jahre-Hartz-Reformen-4933395.html

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