[online] 17.09.2013 | Frankfurt | Wählen ist verkehrt!
Von webmaster • Sep. 17th, 2013 • Kategorie: VeranstaltungenZeit: Dienstag | 17. September 2013 | 19:00 Uhr
Ort: DGB Gewerkschaftshaus | Wilhelm-Leuschner-Straße 69 (nähe HBF,
Zugang über den Hof) | Frankfurt/Main
Veranstalter: Gegenstandpunkt Verlag
Thema: Wählen ist verkehrt!
Die Wahl – eine Sternstunde demokratischer Herrschaft
Am 22. September ist es wieder so weit. Dann dürfen die
Bürger an die Urnen gehen, dort ihre Stimme abgeben und sich an
der Sternstunde der Demokratie beteiligen: der freien,
gleichen und geheimen Wahl. An dieser periodischen
Veranstaltung soll sich entscheiden, ob ein Volk in
Freiheit oder Knechtschaft lebt. Viel mehr als an seinen
materiellen Verhältnissen soll es an seinem Wahlrecht
hängen, ob es einem Volk gut oder schlecht geht. Sogar Kriege
werden im Namen von Demokratie und Wahlen geführt…
Das Loblied auf das hohe demokratische Gut und seine
Bedeutung für die Freiheit des Bürgers steht allerdings in
auffälligem Kontrast zu der Geringschätzung, die die
Wahl von den freien Bürgern selber erfährt. Sie scheinen nicht
gerade gebieterisch danach zu verlangen, endlich ihre Rolle
als „Souverän‟ wieder einmal spielen zu dürfen. Noch
bilden sie sich ein, mit ihrer Stimmabgabe ernstlich
Einfluss auf die Politik zu nehmen. Umfragen ergeben, dass
die Mehrheit der Wähler es gut einfach weiter mit Merkel
und Schäuble aushalten würden, so wenig sie mit der
herrschenden Politik, der Bedienung ihrer Interessen und
dem Zustand des Gemeinwesens zufrieden sind. Offensichtlich
begreift der Bürger die Wahl eher weniger als eine gute
Gelegenheit und einen brauchbaren Hebel, für seine Belange
Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
Eher schon beklagen aufgeklärte Wähler die
Langweiligkeit des Wahlkampfs. Die meisten tun sich schwer,
irgendwelche bedeutenden Differenzen zwischen den
Parteien und ihren Kandidaten auszumachen. In ihrer
Mehrzahl betrachten sie die freie Wahl überhaupt als einen
Schwindel, den sie längst durchschaut haben: Dass „die da oben
doch machen, was sie wollen“, weiß noch jeder mündige
Bürger herzusagen. Und diese abwinkerische Haltung
gegenüber den Machern der Politik, die immerhin über die
Lebensumstände im Land bestimmen, taugt offenbar
gleichermaßen dazu, der einen oder anderen Mannschaft
„seine Stimme‟ zu geben, wie dazu, nicht zur Wahl zu gehen:
„Regiert wird man ja sowieso!‟
Wozu also das ganze Brimborium, wenn der
„Volkssouverän‟, der Wähler, gar nicht erst davon
ausgeht und sich dafür begeistern kann, dass er mit seiner
Stimme irgendeine Macht ausübt? Für die Veranstalter der
Wahl ist das jedenfalls kein Grund, die ganze Veranstaltung
abzublasen. Die hohen Repräsentanten der Politik sind da
schon anspruchsvoller. Wenn Bundespräsident Gauck und
Bundestagsvizepräsident Thierse sich öffentlich zur
Sorge um die wachsende „Indifferenz‟ und den
„Verdruss‟ der Wähler veranlasst sehen, dann wollen sie
von den Gründen der Unzufriedenheit nichts wissen,
sondern sie wollen klarstellen, dass es für sie einfach
keinen Grund gibt, nicht wählen zu gehen. Ihre
Überzeugungsarbeit gerät dann allerdings zu einer
Klarstellung über die trostlose Rolle der
Wahlberechtigten. Der Bundespräsident rät seinen
Bürgern: „Wer nicht weiß, wer der Beste ist, wählt eben
einfach das weniger Schlechte‟. Mit dem ewigen Kalauer vom
„kleineren Übel‟ bekennt er sich dazu, dass die Politiker
und Parteien, die die Wähler ins Amt heben, beim Bürger wenig
Zufriedenheit stiften. Aber dass Regierenden „über die
Köpfe‟ ihrer Wähler hinweg und durchaus gegen deren
Interessen und Erwartungen regieren, soll gar nichts
ausmachen, sondern am Ende noch ein wasserdichtes
Argument für Zustimmung mit einem Kreuzchen sein. Das Volk soll
gefälligst seine Stimme abgeben, wenn seine Politiker ihm
schon mal Personalalternativen zur Entscheidung
vorlegen!
Die Repräsentanten der Macht, die die Wahlen
organisieren und abhalten geben also auf ihre Weise durchaus
Auskunft darüber, was sie an Wahlen so schätzen und wofür
demokratische Wahlen wirklich taugen: Die wählenden
Bürger genauso wie die, die erst gar nicht zur Wahl gehen,
leisten mit der Entscheidung übers Personal der Macht ein
freies Bekenntnis zum Regiertwerden – unbeschadet aller
Unzufriedenheit mit ihr. Das Wählervotum, egal für wen,
bestätigt damit alle Freiheit der Repräsentanten, so
rücksichtslos über ihr Volk zu regieren, wie sie das für ihr
Staatswesen für geboten halten. Und über dessen
Sachnotwendigkeiten sind sie sich bei aller Konkurrenz
darum, wer regieren darf, offenkundig im Prinzip einig.
Mehr dazu in der Veranstaltung…
http://www.farberot.de/text/details/141-Wahl.html
http://www.farberot.de/text/download/Wahl-225.pdf
Update:
Die Aufzeichnung der Frankfurter Veranstaltung steht im Audio-Archiv von farbeROT zum Download bereit.
http://www.farberot.de/audio/details/356-Wahlen.html
http://www.farberot.de/audio/download/Wahlen-356-388.mp3
http://www.farberot.de/audio/download/Wahlen-356-389.mp3
http://www.farberot.de/audio/download/Wahlen-356-390.mp3