Suitbert Cechura: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“
Von webmaster • Apr. 7th, 2025 • Kategorie: AllgemeinSuitbert Cechura: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“
Begeisterung fürs Abrackern und Krummlegen – in der alten BRD schon mal ein Scherzartikel – wird jetzt zum neudeutschen Leitbild.
Der Song von Geier Sturzflug – 1983 ein Hit, der immer wieder zitiert und in Bierlaune gegrölt wurde – war natürlich ironisch gemeint. So ändern sich die Zeiten! Heute sieht das ein Ökonom ganz anders und stellt bierernst fest: „Ein Zeichen à la ‚Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt‘ ist als Zeichen der Aufbruchsstimmung sinnvoll.“ (IW-Ökonom Schröder)
Wird da gelacht? Gibt es Protest? Nein, der Fachmann bewegt sich auf der Höhe der Zeit. Denn kaum sind die Milliardenpakete für Aufrüstung und Infrastruktur vom alten Bundestag verabschiedet – noch bevor der neue Kanzler im Amt ist –, da vermeldet dieser schon: „Wir alle müssen vor Illusionen warnen, dass jetzt durch viele neue Schulden praktisch unbegrenzt Ausgaben möglich sind.“ Will sagen, dass das Geld nicht dafür gedacht ist, den Bürgern ein angenehmeres Leben zu bereiten. Hier muss gleich klargestellt werden: Für das Fußvolk, das brav an die Urnen getrottet ist (oder auch nicht), stehen zukünftig eher Härten an.
Wenn Merz dies in der Wir-Form formuliert, dann fühlen sich die Leitmedien sofort angesprochen und warnen auch vor falschen Hoffnungen. Was die Bürger vom „Politikwechsel“ zu erwarten haben, hat der Bald-Kanzler während des Wahlkampfs deutlich ausgesprochen, auch wenn er sich ansonsten nicht gern an sein Geschwätz von gestern erinnern will: „Wir müssen mehr arbeiten, um die deutsche Wirtschaft zu stärken.“
Denn damit Deutschland wieder wer ist in der Welt, bedarf es nicht nur einer Aufrüstung, die es mit Russland aufnehmen kann und die die BRD zur führenden Militärmacht in Europa macht, die ihr die Unabhängigkeit von den Amerikanern verschafft, so dass man auch gegen die USA die deutsche Interessen in der Welt anmelden kann. Es bedarf auch einer Aufrüstung an der Arbeitsfront.
Schließlich SIND Deutschland durch die Sanktionen gegen Russland seine billige Energiebasis und Märkte abhandengekommen, so dass es sich in einer verschärften Konkurrenz zu China und Amerika befindet; und gerade durch Trumps Zölle wird die Exportnation besonders hart getroffen. Also muss auch für den Erfolg der deutschen Wirtschaft mehr getan werden. Das bedeutet, wie ganz schnörkellos ausgesprochen wird: Die Bürger sollen mehr arbeiten.
Und so gibt es schon im Vorfeld zu den Koalitionsvereinbarungen reichlich Stoff, wie dies zu bewerkstelligen ist. Politiker, Medien und Wissenschaft sind sofort mit Vorschlägen bei der Hand.
„Arbeit macht frei“
Mehr Arbeit: der Wirtschaftsweisheit letzter Schluss
Mehr oder weniger Arbeit: Auf die Rendite kommt es an
Und die Antwort des DGB?
„Ärmel aufkrempeln, zupacken, aufbauen“
Ja, da lachte die junge Generation. Heute ist der Spaß vorbei. Die verstaubte Moral der Nachkriegsgeneration scheint auch in Vorkriegszeiten wieder gefragt zu sein. Mehrarbeit und Zupacken werden der Nation als Aufbruch verordnet.
Dabei könnte den Bürgern bei dieser unverschämten, allseits gelobten Aufforderung eines klar werden: Der Staat ist nicht für sie da, sondern sie haben für ihn Opfer zu bringen – im Extremfall das des eigenen Lebens. Eine Botschaft, die von vielen nicht ernst genommen wird, weil sie meinen, eigentlich müsste der Staat, wenn alles wieder in Ordnung gebracht wäre, für sie da sein. Obwohl diese Vorstellung immer wieder enttäuscht wird, bleibt doch die Hoffnung, dass es eines Tages so sein könnte.
Eine Hoffnung, die nur zu einem taugt, zum Weiter- und vor allem zum Mitmachen bei allem, was die Politik einem abfordert.
https://overton-magazin.de/top-story/jetzt-wird-wieder-in-die-haende-gespuckt-wir-steigern-das-bruttosozialprodukt/
Suitbert Cechura: 1. Mai – Der DGB feiert sich selbst
(…)
Dabei ist der Mai-Aufruf sehr informativ, indem er Auskunft gibt, wofür sich die Arbeiterpolitiker im Bundestagswahlkampf eingesetzt haben, man achte auf die Reihenfolge: An erster Stelle für eine starke Wirtschaft.
Der Erfolg des Kapitals ist diesen Vereinen das oberste Ziel. Dass in der Kalkulation der Wirtschaft der Lohn oder das Gehalt als Kostenpunkt und damit als eine Belastung für diesen Erfolg erscheint und deshalb gering zu halten ist, ist für diese Ko-Manager die größte Selbstverständlichkeit, die sich immer wieder in Arbeitsplatzsicherungsverträgen niederschlagen, die Massenentlassungen einschließen. Gute Arbeit ist in den Augen dieser Arbeitspolitiker nur die lohnende, also gewinnbringende Arbeit, die dem Unternehmen dauerhaften Erfolg sichern soll.
Dass sich die Gewerkschaften als Machtfaktor in der Politik präsentieren, ist nicht ohne Angeberei. Sind ihnen doch zum einen jeglicher politischer Streik untersagt und haben sie zum anderen ihn auch nie für sich beansprucht. Ihre Macht soll auf die Zahl ihrer Mitglieder als Wähler gründen, ganz so, als ob mit der Mitgliedschaft in dem Verein auch klar ist, was ihre Mitglieder auf ihrem Wahlzettel ankreuzen. Die letzten Wahlergebnisse haben diese Vorstellung ziemlich blamiert.
Praktisch gründet sich der Einfluss der Gewerkschaften auf die enge Verbindung zwischen ihren Führungspersonen und der Politik. Dies demonstriert der DGB auch am 1. Mai, an dem sie neben ihren Rednern auch immer Vertretern aus der Politik eine Bühne bieten, möglichst Vertreter aus der eigenen Partei.
Den Begriff der sozialen Sicherheit haben die DGB-Vertreter auch schon auf die Kriegstüchtigkeit der Nation ausgeweitet: „Europäerinnen und Europäer können sich nicht mehr auf das Schutzbündnis mit den USA verlassen, da die Trump-Administration zwischenzeitlich die territoriale Integrität einzelner Staaten von sich aus in Frage stellt. Die Europäische Union und die europäischen NATO-Staaten ziehen daraus ihre Konsequenzen: Sie stärken ihre militärische Verteidigungsfähigkeit, um zu verhindern, zum Spielball rivalisierender Großmachtinteressen zu werden. Vor diesem Hintergrund sehen auch der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Notwendigkeit, in Deutschland und Europa verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um gemeinsam verteidigungsfähiger zu werden.“
Als die Bundesrepublik Deutschland die territoriale Integrität der DDR in Frage gestellt hat oder später die der Republik Jugoslawien, hatten die Gewerkschaften kein Verständnis dafür, dass die DDR oder Jugoslawien sich gerüstet haben. So stehen DGB-Gewerkschafter immer auf Seiten der Nation, auch jetzt, wo mit grenzenloser Verschuldung aufgerüstet wird, was die Mitglieder dieser Vereine durch Inflation und Entwertung ihrer Löhne und Gehälter mitfinanzieren dürfen.
Was für den Erfolg Deutschlands am Tag der Arbeit gefeiert wird, soll sich in Zukunft auch im Schützengraben bewähren dürfen.
Und so ist es nur folgerichtig, dass der DGB die Teilnahme an seinen Feierstunden von der richtigen Gesinnung abhängig macht: „Wer etwa bei den zentralen 1.Mai-Feierlichkeiten einen Stand beim DGB in Lübeck anmelden möchte, muss sich mit einer langen Liste von „Werten des DGB“ identifizieren. Darunter: die „uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine – wir erkennen W. Putin als alleinigen Aggressor an“, „Bekenntnis zu Europa und zu NATO-Mitgliedschaft“, „Solidarität mit Israel und den zivilen Opfern der kriegerischen Auseinandersetzung im Gaza-Streifen“, „Bekenntnis zur Richtigkeit des Sondervermögens, um in die Zukunft zu investieren“.
Mal ehrlich: Will man in einem solchen Verein sein und mit solchen Menschen feiern? Zeit um über Alternativen nachzudenken.
https://overton-magazin.de/top-story/1-mai-der-dgb-feiert-sich-selbst/
Das selbe Thema in einer anderen Fassung:
Suitbert Cechura:
Vom Kampftag zum Feiertag: Erster Mai – Der DGB feiert sich selbst
Kampfstark am Feiertag – Hand in Hand mit der Obrigkeit! Zur erstaunlichen Karriere des Arbeitervereinswesens.
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/deutschland/erster-mai-der-dgb-feiert-sich-selbst-vom-kampftag-zum-feiertag-009011.html
und
24.04.2025 | 99 ZU EINS | Der 1. Mai – Senf – Trio Infernal April – 99 ZU EINS – Ep. 502
Der 1. Mai ist traditionell der Tag an dem viele verschiedene linke Strömungen auf die Straße gehen. Ob DGB oder schwarzer Block, fast jeder der als Linker was gelten will geht auf die Straße.
Wir schauen uns die Geschichte des 1. Mai und die aktuellen Demoaufrufe dazu einmal an.
Mit Arian Schiffer-Nasserie
https://www.youtube.com/watch?v=HNgwJ6Law6c