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Kritik an Ideologien, Aufklärung über populäre Irrtümer, Kommentare zum Zeitgeschehen

[online] 21.09.2011 | München | Schöne neue Weltordnung mit Krieg…

Von • Sep 21st, 2011 • Kategorie: Veranstaltungen

Zeit: Mittwoch, 21. September 2011, 19.30 Uhr
Ort: Seidlvilla, Nikolaiplatz 1 b, München
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag

Schöne neue Weltordnung mit Krieg und Frieden: Irak, Afghanistan, Libyen…
Vom unstillbaren Gewaltbedarf in der Staatenwelt und der Fortschreibung des Völkerrechts

Die Veranstaltung will aufklären über
– Die lokalen Bündniskriege unter Führung der USA im Namen der Völkergemeinschaft und deren globale Perspektiven
– Die Konkurrenz der Führungsmächte um Vorherrschaft und Verfügung über die Staatenwelt
– Das Verhältnis von gewaltsamer Aufsicht und geschäftlicher Benutzung der Nationen
– kurz: Über den Imperialismus heute

http://www.gegenargumente.de/

Ankündiger

Ziemlich unzivil geht es auf dem Globus zu. Mit den USA und ihren wechselnd besetzten Bündnissen vorneweg wird beständig irgendwo ein Krieg angedroht oder geführt, während woanders unter internationaler Beteili­gung potenzielle oder ehemalige Kriegsparteien auseinandergehalten werden und die Trümmerlandschaf­ten geführter Kriege als ‚failed states‘ fortexistieren.

Das heißt aber nicht, dass es unzivilisiert zuginge, denn das Recht, das der Völker oder gleich ‚des Menschen‘, ist immer mit dabei, wo Staaten militärisch gewalttätig vorgehen: Egal ob ‚Terrorismus‘, ‚illegaler Besitz von Massenvernichtungsmitteln‘ oder verletzte ‚Schutzverantwortung‘ einer Regierung für ihr Volk: Gerade die Waffengänge des ‚freien Westens‘ gegen Afghanistan, den Irak, Libyen … beanspruchen für sich stets, Maßnahmen zur Wiederherstellung von international gültigem Recht zu sein.

Der ehemals gute Ruf des Völkerrechts, sein höchstes Schutzgut, die Souveränität der Staaten, begrenze zwischenstaatliche Gewalt auf das notwendige Minimum von Ausnahmen, hat dabei ausgedient; abgelöst wurde er von der Warnung, das völkerrechtliche Souveränitäts- und Nichteinmischungsgebot schütze vor allem Terrorfürsten, Nuklearschurken und andere staatliche Finsterlinge. Und das darf nicht sein: Vor allem innerhalb des westlichen Wertelagers entnimmt heute jeder Staatsmann, der auf sich hält, und die Öffentlichkeit sowieso, den Prinzipien des Völkerrechts das Recht und die Pflicht, dem überwiegend unzuverlässigen Rest der Staatenwelt gründlich auf die Finger zu sehen und gegebenenfalls kräftig zu schlagen. Mit Formeln wie der von ‚unserer Freiheit‘, die ‚auch am Hindukusch‘ verteidigt werde, mit dem Verweis darauf, dass niemandem gefährliche Waffen in den falschen Händen lieb sein können, mit der Warnung vor ‚gescheiterten Staaten‘, die außer Kontrolle geraten könnten, oder
terroristischen Übeltätern, die sich nirgendwo sich sicher fühlen dürfen, wird der ziemlich anspruchsvoll gewordene weltweite Eingriffsbedarf des westlichen Bündnisses unter Führung der USA gegen andere Staaten begründet und zugleich gerechtfertigt. Berufen wird sich dabei zunehmend auf das gar nicht außer Verkehr gezogene, sondern in diesem Sinne ziemlich modernisierte und modern interpretierte Völkerrecht, das den eigenen Eingriffsbedarf mal erlaubt, mal erfordert. Diese Gleichsetzung der höheren Erlaubnis bzw. Verpflichtung zu Kriegen mit ihrem Grund geht am wirklichen Zusammenhang von Gewalt und Recht im Namen der Völker allerdings ziemlich weit vorbei. Indizien dafür gibt es reichlich.

Das fängt erstens damit an, dass der Beschluss zum militärischen Zuschlagen immer schon feststeht, bevor sich die kriegswilligen Nationen um die entsprechend ‚robusten Mandate‘ seitens der dafür zuständigen Gremien bemühen – sie wüssten ja sonst auch gar nicht, was für ein Mandat sie brauchen und wollen. Zweitens werden die diversen völkerrechtlich befugten Entscheidungsgremien, an deren Spitze der UN-Sicherheitsrat steht, doch von niemandem als den staatlichen Mächten selber besetzt, die dann das Recht sprechen, an das sie sich halten sollen. Drittens ist hier eine Sortierung der Staatenwelt offenkundig, die der Erklärung wert ist: Die Minderheit der mit dem Recht zum Veto im Sicherheitsrat privilegierten Mächte, die das Völkerrecht gestalten, steht einer Mehrheit von Staaten gegenüber, die sich das vor allem gefallen lassen und der Kontrolle durch die potenten Mächte unterwerfen müssen. Ein Unterschied, der sich fast ohne Rest mit dem gewaltigen Unterschied in der Ausstattu  ng der Mitglieder der Völkerfamilie mit ökonomischen und militärischen Machtmitteln deckt, von dem das völker- und menschenrechtliche Begründungswesen so vornehm absieht. Viertens wird bei jeder dieser Affairen deutlich, dass auch ein rechtsförmlich angenommener Beschluss der ‚Völkergemeinde‘ keineswegs objektiv, d.h. von den politischen Standpunkten der Staaten getrennt feststellt, woran genau eigentlich die jeweilige ‚völkerrechtlich bindende‘ UN-Resolution die Staaten bindet, auf die sie gemünzt ist: Ob z.B. der in Libyen in Auftrag gegebene ‚Schutz der Zivilbevölkerung‘ die Jagd auf den Bösewicht Gaddafi ausschließt, erlaubt oder vielleicht sogar zu ihr verpflichtet, ist eine bleibend heiße, nämlich Konkurrenzfrage zwischen den Mächten, die sich berufen sehen, in dieser Gewaltangelegenheit mitzuentscheiden.

Den praktischen Standpunkt kriegsentschlossener Politiker, dass mit dem Verweis auf geschriebenes – oder manchmal auch ungeschriebenes – höheres Recht in Sachen kriegerischer Gewalt immer gleich schon alles gesagt und in Ordnung sein soll, vollzieht man also theoretisch besser nicht nach. Sondern widmet sich lieber der Frage, ob bzw. was die demokratisch-marktwirtschaftliche Machart gerade der erfolgreichsten Wirtschafts- und führenden Kriegsmächte mit den USA an der Spitze damit zu tun hat, dass ihr Bedarf nach militärischer Gewaltanwendung genauso wenig ausstirbt wie ihr Bedürfnis nach völkerrechtlich verbindlichen Regelungen dafür, wem welche Gewaltanwendung erlaubt und wem verboten ist. Gar nicht nebenbei erklären sich so auch die unübersehbaren Fortschritte ihrer Gewaltkonkurrenz und ihres Völkerrechts, die sie dabei in den letzten Jahren erzielt haben. Darum soll es in unserer Veranstaltung gehen.

 

Update: Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und steht bei ArguDiss zum Download bereit.

https://www.argudiss.de/schoene-neue-weltordnung-mit-krieg-frieden-irak-afghanistan-libyen-vom-unstillbaren-gewaltbedarf

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3 Responses »

  1. Endlich online!!!!

    http://doku.argudiss.de/?Kategorie=KuF#386

    HÖREN UND KAPIEREN – UND WEITERSAGEN!

  2. Trauer um Gaddafi
    In den Herzen seiner Freunde lebt er weiter …

    http://www.titanic-magazin.de/news.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4530&cHash=8c8382dc8697d4d80dae65b5a2e5d741

  3. […] http://www.contradictio.de/blog/archives/3782 […]