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Manfred Henle: Die Kriegsschuldfrage und die Frage nach den Kriegsverbrechen – sind längst gelöst!

Von • Apr 18th, 2022 • Kategorie: Allgemein

Manfred Henle: Die Kriegsschuldfrage und die Frage nach den Kriegsverbrechen – sind längst gelöst!

 

Angesichts des Krieges in der Ukraine können sich die Deutschen wieder aus tiefster Überzeugung für die militärische Eskalation begeistern. Dahinter steht eine Meta-Erzählung (Teil 3)

 

„Dieser Krieg ist Putins Krieg. Dieser Krieg ist ein Angriff auf unseren Frieden in Europa. Dieser Krieg ist ein Angriff auf unsere Freiheit. Dieser Krieg ist ein Angriff auf das internationale Völkerrecht. Dieser Krieg ist ein Angriff auf all die Werte einer regelbasierten internationalen Ordnung. Dieser Krieg ist ein Angriff auf das menschliche friedliche Miteinander.“

Annalena Baerbock, Rede im Bundestag zum Russlandkrieg, 27.2.2022

 

„Unser Herz pocht heiß gegen das Unrecht dieses Krieges“

Steinmeier-Rede, Konzert „Für Freiheit und Frieden“, 27.3.2022

 

Klargestellt ist mit dieser Verlesung der Anklageschrift unter Berufung auf das Völkerrecht, dass die Richter, die hier ihres Amtes walten, erstmal in Berlin, Brüssel und Washington zuhause sind; ebenso der zuständige Gerichtsort der Rechtssprechung, Urteilsfindung, Urteilsverkündung, Strafzumessung und Bestrafung.

Ihres Amtes walten diese Richter, die zugleich als Chefankläger fungieren, in der nicht gerade bescheidenen Selbstgewissheit, Recht zu haben und zwar aufgrund eines unerschütterlichen Rechts- und Gerechtigkeitsbewusstseins. Mit dem ausgestattet wissen sie entlang ihrer welt- und geopolitischen Interessen bestens Bescheid über die Legalität und Illegalität, über die Legitimität und Illegitimität, über die Sittlichkeit oder Sittenlosigkeit von Gewaltanwendung durch andere Ihresgleichen zu urteilen.

Ihre richterliche Unparteilichkeit ist dadurch gegeben, dass sie im Namen der Menschlichkeit und Menschheit urteilen und handeln. Als solche Richter und Chefankläger mit globalem Weitblick können sie in Sachen Völkerrecht agieren, weil sie über die maßgeblichen polit-ökonomischen und militärischen Gewaltmittel verfügen.

Damit haben sie auch die Freiheit, entlang völkerrechtlicher Titel und Normen zu definieren, wann ein Angriffskrieg vorliegt und wann das „das Naturrecht individueller oder kollektiver Selbstverteidigung“

(UN-Charta Art. 51) gegeben ist.

 

Im Fall eigener, demokratisch legitimierter Gewaltanwendung liegt per definitionem nie ein Angriffskrieg vor, mag die eigene Gewaltanwendung auch die territoriale Integrität und Souveränität eines fremden Landes gleichsam „in die Steinzeit“ zurückgebomt und andernorts noch so viele Trümmerwüsten, Staatsumstürze oder failed states hinterlassen haben. Solche Gewaltanwendung setzt lediglich das, gerne auch als präemptiv betitelte, gewissermaßen antizipatorische „Naturrecht individueller oder kollektiver Verteidigung“ in Kraft.

Im Falle Russlands ist die Sachlage anders: Weil es Russland ist, ist es eine unerlaubte Gewaltanwendung, ein unerlaubter Krieg. Weil es ein unerlaubter Krieg ist, ist es „Putins Krieg“. Beides zusammen genommen ergibt: Es ist ein illegaler und ein illegitimer Krieg. Also liegt der Tatbestand eines „Angriffs“-Krieges vor. Moralisch-ethisch gewendet: eine „Aggression“. Allerdings auch nur dieser Krieg. Das betont die Anklageschrift gleich sechsmal. (…)

Die unter Inanspruchnahme völkerrechtlicher Kategorien und Normen moralisch gestellte Kriegsschuldfrage und die Frage nach den Kriegsverbrechen waren längst beantwortet, bevor die Kriegshandlungen in der Ukraine begannen. In der imaginären Figur eines neuen Hitlers ist der Schuldige benannt. Desgleichen die russischen Kriegsverbrechen: die haben schon stattgefunden, bevor sie stattfinden konnten. Ganz sind die Tiefen der russischen Volksseele aber noch nicht ausgelotet.

 

Teil 4: Homo Sovieticus – eine demokratische Meistererzählung

 

 

https://www.heise.de/tp/features/Die-Kriegsschuldfrage-und-die-Frage-nach-den-Kriegsverbrechen-sind-laengst-geloest-6677197.html

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