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Suitbert Cechura: Die Erlaubnis, sich versammeln zu dürfen

Von • Apr 27th, 2021 • Kategorie: Allgemein

Suitbert Cechura: Die Erlaubnis, sich versammeln zu dürfen

 

Die schwarz-gelbe Regierung von NRW bringt ein Versammlungsgesetz ein, das Veranstalter und Leitung von Demonstrationen stärker in Haftung nehmen will.

Die Grundrechte auf Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) des Grundgesetzes bilden die rechtliche Grundlage für Demonstrationen. Bundeseinheitlich wurde in einem Versammlungsgesetz festgelegt, unter welchen Bedingungen Meinungen geäußert und Versammlungen sowie Demonstrationen durchgeführt werden dürfen.

Mit der Föderalismusreform vom August 2006 ging die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht in die Regie der Länder über. Einige Länder haben bereits ihre Versammlungsgesetze verabschiedet, so Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Schleswig-Holstein. In Berlin ist ebenfalls ein Gesetz in der Diskussion.

Die NRW-Regierung will jetzt ihr Versammlungsgesetz am 30. 6. 2021 im Landtag beschließen lassen. Warum sich die Regierung 15 Jahre nach der Reform bemüßigt sieht, das weiterhin gültige Bundesgesetz durch ein Landesgesetz zu ersetzen, kann man nur vermuten. Einfacher wird es damit jedenfalls nicht, sich zu Demonstrationen zu versammeln. Der Entwurf ist daher auch gleich auf Kritik bei Initiativen gestoßen, die bereits Protestaktionen durchgeführt und zu weiteren aufgerufen haben (unter dem Hashtag #noVersGNRW wird zur Zeit der Protest in den sozialen Medien verbreitet).

Bevor man zur Verteidigung des aktuellen Rechtszustandes aufruft, sollte man sich jedoch über diesen Klarheit verschaffen.

Grundgesetzlich geregelt: Meinen & Versammeln

Reform auf nordrheinwestfälisch

 

Fazit: Fast alles beim Alten

 

Der Bürger kann sich beim Meinen und Meinungsäußern frei bewegen, eben im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Er darf seinen Unmut äußern, er hat „nur“ auf jeden Anspruch, dass er damit in die Öffentlichkeit vordringt, und auf jeden Anschein, dass er auf seinen politischen Vorstellungen besteht, zu verzichten.

Brave Bürger und Bürgerinnen in NRW brauchen sich daher keine Sorgen zu machen, ihr Recht auf eine eigene Meinung und darauf, sie lautstark, wenn auch folgenlos zu äußern, wird ihnen nicht genommen.

Allen anderen wird eine demokratische Lektion erteilt (die, wenn sie etwa die russische oder chinesische Opposition beträfe, natürlich gleich als dicke Menschenrechtsverletzung erkennbar würde) – eine Hilfestellung für den freien Bürger, damit er sich im richtigen Rahmen bewegen kann.

Dafür soll jetzt das neue Versammlungsgesetz mit einem umfassenden Katalog von Strafen und Ordnungsgeldandrohungen versehen werden, die ganz bürgernah darüber Mitteilung machen, wo dieser Rahmen überschritten wird – wobei natürlich immer im Einzelfall die Sicherheitskräfte über die Auslegung der gesetzlichen Regelungen bestimmen.

 

 

https://www.heise.de/tp/features/Die-Erlaubnis-sich-versammeln-zu-duerfen-6026276.html?seite=all

2 Responses »

  1. Suitbert Cechura: Journalismus: aus freien Stücken für das Kapital

    Vorwürfe an etablierte Medien lauten: Sie kungeln mit Politik und Wirtschaft, verbreiten vorgefasste Meinungen. Da ist zwar etwas dran. Aber Bestechung und Aufträge braucht es dazu nicht.

    Journalisten müssen nicht unbedingt lügen, um ihre Parteilichkeit für die herrschenden Verhältnisse zu demonstrieren. Sie führen ständig Zahlen, Studien oder wissenschaftliche Erkenntnisse an, um die Sachlichkeit ihrer Darstellung zu untermauern. Dabei kommt es immer darauf an, wie die Zahlen und Fakten genutzt und womit sie in Beziehung gesetzt werden. Manchmal reicht es schon, Ereignisse in einer bestimmten Reihenfolge anzuordnen, um den Schein von Ursache und Wirkung zu erzielen.

    Gepflegt wird so das Bild einer Lage – zum Beispiel der Pandemie -, auf die die Politik reagieren muss. Damit ist nicht die Politik, sondern in diesem Fall das Virus der Grund allen Übels und die Politik die geforderte Instanz. Deren Tun kritisch im Blick darauf zu begleiten, ob es erfolgreich ist und den landläufigen Idealen wie Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht – darin sehen Journalisten ihre Aufgabe. Dafür greifen sie in der Regel nicht zur Lüge. Sie setzen „nur“ die Parteilichkeit für die nationale Sache, für den Erfolg des Standorts Deutschlands in einer zunehmend schärfer werdenden „Großmachtkonkurrenz“ als Selbstverständlichkeit voraus, und schon ergibt sich für sie von selbst, wie man die Faktenlage zu sehen hat.

    Zu beobachten ist diese journalistische Sicht der Dinge anhand vieler politischer „Problemlagen“ im Zusammenhang mit „Corona“ – zum Beispiel bei den Themen Kurzarbeit und Rente: „Das deutsche Modell“ überschrieb die Süddeutsche Zeitung einen Artikel von Alexander Hagelüken im Wirtschaftsteil vom 10. Mai 2021. Aus einer Hochrechnung wird hier kurzerhand eine Meldung: „Die Kurzarbeit rettet mindestens zwei Millionen Jobs“ – und damit ein Faktum, das gleich von anderen Medien, so auch von der Funke-Mediengruppe, aufgegriffen wird (WAZ, 11. Mai 2021). Dies bildet dann die Basis für ein Lob auf die Regierung: „Die Regierung kann in der Corona-Krise einen Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern“ (SZ).

    Alltägliche Berichterstattung, könnte man meinen – Qualitätsjournalismus, wo alle Zitate stimmen, wie es sich für ein Land gehört, das noch Anfang Mai im Deutschen Bundestag die Pressefreiheit feierte. Wer mag hier schon, wo sogar wissenschaftliche Expertise im Hintergrund steht, ein Beispiel für die herrschende tendenziöse Berichterstattung erkennen?

    Können Unternehmen an einem Virus erkranken?

    Nicht Corona entlässt, sondern das Kapital

    Wer für wessen Krise zahlt

    Rentner als Krisengewinnler? Ein Vorschlag zur Schröpfung

    Produktivitätssteigerung? Doch nicht für höhere Löhne und Renten!

    Inflation? Die gibt es auch noch?

    So schließt sich Lob und Kritik der Regierung zusammen. Die Sorge um den Erfolg der Nation verleitet den Autor so einmal zum Lob, dann auch zur kritischen Beauftragung der Regierung und weiß die Fakten entsprechend zu gestalten.

    https://www.heise.de/tp/features/Journalismus-aus-freien-Stuecken-fuer-das-Kapital-6053775.html?seite=all

  2. Erst mal kommt deren Parteinahme fürs hoheitliche
    Seuchenmanagement daher, dass sie realiter mit der Politik einig
    in der Diagnose ist, dass die sog. Volksgesundheit als Geschäftsmittel
    fürs Kapital und überhaupt für die staatliche Machtentfaltung
    gegen die nennenswerte Affizierung durchs Virus betreut werden
    müsse. Was da als sachzwanghaftes Staatshandeln wegen
    Virusausbreitung in die Welt gesetzt wird, verdankt sich einzig dem nationalökonomischen und nationalen Interesse der bürgerlichen
    Hoheit, die kapitalistische Geschäftsfähigkeit des Standorts zu sichern.
    Und dies wäre der Haupteinwand gegen die Pressefritzen: das
    selbstverständliche Ausgehen davon, dass Virusbekämpfung einzig
    ihren Grund und Zweck in dem reibungslosen Laufen des Systems der Geld-/Kapitalvermehrung habe. Und wie erfolgreich die Politik in dieser
    Hinsicht sei, das hat man der Journaille anzukreiden – und wie sie
    d’accord geht mit den gemeinen Berechnungen des Staates dabei,
    wie der nämlich mit einer hinnehmbaren Masse an Opfern kalkuliert
    für den Weiterbetrieb des kapitalistischen Ladens, nicht nur derjenigen
    des Virus, sondern wie mit den selektiven Beschränkungen des
    Standortverkehrs und damit der eingerissenen Geschäftseinbrüche
    das Kapital seinen abhängig Beschäftigten dies in Form von
    Entlassungen und Kurzarbeit ausbaden lässt – was Cechura nebenbei
    verkehrt in eine Linie stellt mit den gewöhnlichen Rezessionen: seuchenbekämpfungsbedingt lag/liegt hier keine Überakkumulation
    vor, sondern Einschnitte im Kapitalkreislauf an der Schnittstelle der
    Warenversilberung. Natürlich hat man es bei der freien Presse nicht
    mit bloßem Nachäffen des politischen Corona-Management zu tun:
    ganz aus freien Stücken macht sie untertänig Alternativen der
    Dienlichkeit für den nationalen und Kapitalstandort auf hinsichtlich
    Ausmaß und Varianten der Seucheneindämmung; Ausreißer, die sich
    wohl eher bei Epidemiologen/Virologen umtreiben, wollen die Politik
    auf mehr Volksfreundlichkeit festlegen mit dem Einfall einer
    Zero-Covid-Strategie. – Auch ist nicht nachvollziehbar, wie C. die
    Berechnungen des Staates, die entscheidenden
    Kapitalvermehrungsstätten möglichst von seinen Lockdowns
    auszunehmen und stattdessen auf weniger „Systemrelevantes“ wie die
    Freizeitindustrie sich zu fokussieren mit seinen Shutdowns, wie als
    Beispiel für die These zu nehmen, ob regelrechter Produktionsstillstand
    nötig wäre, hänge nicht nur von der Zahl der Erkrankten, sondern auch
    von der „Art des Wirtschaftens“ ab: die Anti-Pandemiemaßnahmen
    waren wegen des Umstandes, dass der demokratische Kapitalismus
    gerade von der Kontinuität des Gewinnemachens lebt, darauf abgestellt,
    den Fall eines vollständigen Herunterfahrens der Geschäftemacherei
    unbedingt zu vermeiden; von nichts anderem her erklärt sich die Sorte
    staatlichen Einsatzes gegen eine Seuche: welche Geschäftssphären
    könnten vertretbar für das kapitalistische Ganze runtergefahren werden
    und wie viel Infizierte und Tote wären vereinbar mit dem Restbetrieb
    der bürgerlichen Chose. Zugleich ließ er die Wirkungsstätten für den
    Profit nicht einfach den Bach runtergehen, wiewohl einiges an
    Firmenzusammenbrüchen in Rechnung gestellt wird: die prinzipielle Geschäftsfähigkeit hat er mit viel Kredit gestützt.
    Die gemeine/absurde Logik bürgerlich-staatlicher Seuchenbekämpfung
    erhellt ausführlich folgende Veröffentlichung:
    Karla Kritikus
    Covid-19 – Von den Gemeinheiten und Absurditäten staatlicher Seuchenbekämpfung in Sachen Corona-Virus 2019, erweiterte Auflage 2021/Verlag Epubli