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Uni Bremen: Kritische Wissenschaft

Von • Okt 7th, 2019 • Kategorie: Veranstaltungen

 

Kritische Wissenschaft

Das Studium an einer modernen Universität folgt dem Imperativ, eine nützliche Wissenschaft zu erlernen. Über was auch immer aus den Bereichen Natur und Gesellschaft dort geforscht und gelehrt wird, stets geht es (auch) um die Frage wie es zur Gewinnemacherei der Unternehmen, der Organisation der politischen Gewalt oder überhaupt dem gesellschaftlichen Zusammenleben beiträgt und wie diese Einrichtungen im Zweifelsfall besser zu beherrschen wären. Kritik ist, abgesehen von den notorischen Zweifeln, ob all die Einrichtungen wirklich immer die guten Aufgaben erfüllen, die man ihnen zuschreibt, von einer solchen Wissenschaft eher nicht zu erwarten. Eine Analyse der gesellschaftlichen Zwecke, die diese begründen würde, stünde zu ihrem konstruktiven Charakter in einem erkennbaren Gegensatz.

Der Tatendrang einiger Unzufriedener, die sich nicht einverstanden erklären mit der kapitalistischen Ökonomie, dem Staat, der die Dauerhaftigkeit dieser Ökonomie mit seiner Gewalt garantiert und dem nationalistisch verdorbenen Geisteszustand des entscheidenden Teils der Bevölkerung, hat allerdings auch seine Heimat an der Universität. Er betätigt sich als Protest, der hier mal eine Gesetzesinitiative durchzudrücken und dort mal ein klimaschädigendes Unternehmen zu schädigen versucht. Dass eine ernsthafte Absage an kapitalistische Verhältnisse es aber erfordert, sich theoretisch – und praktisch erst recht – mit der kompletten bürgerlichen Welt anzulegen, mit all den Notwendigkeiten und Gepflogenheiten des Konkurrierens, an denen moderne Menschen sich aufreiben und ihre Funktion in diesen und für diese Verhältnisse praktizieren, und mit all den Vorstellungswelten geistig aufzuräumen, die dieser Lebensführung einen Sinn geben, das scheint auch hier kaum geläufig.

Eher wähnt man sich auf der sicheren Seite der Sicherheit, dass echt herzensgute Menschen sowieso kaum guten Gewissens für diese Verhältnisse sein können.

Eine wissenschaftliche Befassung damit, wie diese Gesellschaft beschaffen ist, welche Prinzipien sie zusammenhalten und insofern eine Kritik der verschiedenen Arten, sich geistig wie praktisch hier einzurichten und ein Leben lang damit zu kämpfen, es sich einigermaßen angenehm zu machen oder das zumindest einzureden, nimmt sich das neue Referat für kritische Wissenschaft vor. Zu diesem Zweck wird es verschiedene Angebote geben, wesentlich und als erstes freut sich das Referat auf eine offene Diskussionsrunde, die mit der kritischen Orientierungswoche beginnt, sich aber auch danach stets über neue Gesichter freuen wird.

 

Kontakt: kriwi@asta.uni-bremen.de

 

Spezifische Ankündigungen für einzelne Angebote folgen, wer auf dem Laufenden bleiben will kann sich aber gerne auch schon per Mail melden…

 

 

Aktuell

 

Es wird ein kritischer Lesekreis angeboten, der sich zuerst der Wohnungsnot in Deutschland widmet unter dem Titel

 

Wohnungsnot im Kapitalismus: Ein unlösbares Dauerproblem

 

Das Wohnen wird in deutschen Großstädten immer teurer, nimmt einen immer größeren Anteil des Einkommens der meisten Menschen ein. Die Betroffenen bekommen auf diese Weise zu spüren, dass die Wohnung, von der manche fordern, sie dürfe keine Ware sein, tatsächlich keine gewöhnliche Ware ist. Während bei gemeinen Waren die Konkurrenz auf Basis der Herstellungskosten den Verkaufspreis bestimmt, gilt das bei der Wohnung nur für zwei ihrer drei Preisbestandteile: erstens für das Gebäude und seine gewerbliche Errichtung, zweitens für die Betriebskosten – Strom, Wasser, Heizung und Instandhaltung –, die zusammen eine „zweite Miete“ ausmachen. Anders verhält es sich mit dem dritten Faktor des Mietzinses: dem Boden, auf dem das Wohngebäude ruht. Selbst gar nicht fabriziert, daher ohne jede Herstellungskost, funktioniert hier das bloße Eigentum an Gelände, ein Eintrag ins Grundbuch, als Quelle von Einkommen für den Grundbesitzer. Ausgerechnet dieser Preis, der gar keinen Aufwand entgilt, macht das Wohnen immer teurer.

 

Das Referat für kritische Wissenschaft lädt ein zu einem Lesekreis, der sich mit dem ökonomischen Gehalt dieser Reichtumsquelle Grundeigentum befasst und den modernen Entwicklungen bis hin zur finanzkapitalistischen Spekulation auf Leerstand von Wohnungen nachgeht.

 

Bei Interesse meldet euch gerne bei kriwi@asta.uni-bremen.de, dann bekommt ihr etwas Lesestoff vorab.

Ansonsten freuen wir uns auch auf spontan interessierte: kommt einfach am Mittwoch, den 09.10.2019 von 16 bis 18 Uhr in die AStA-Etage

 

 

https://www.asta.uni-bremen.de/kritische-wissenschaft/

One Response »

  1. Es wird ein kritischer Lesekreis angeboten, der sich als nächstes dem Text “Lohn, Preis, Profit” widmet:

    Lohn, Preis und Profit

    Jeder weiß, mit Geld kann man alles kaufen, beschränkt nur durch die Quantität, die einem zur Verfügung steht. Aber was ist die gemeinsame Sache, die auf den Preisschildern der in ihrer Nützlichkeit ganz unterschiedlichen Waren ausgedrückt ist und getrennt von ihnen dann auch im Geld steckt? Marx meinte, wie andere vor ihm, mit einer Größe namens „Wert“ die Antwort gefunden zu haben.

    Jeder weiß, dass moderne Unternehmen beständig ihren Geldreichtum vermehren, also Gewinne machen und investieren. Aber wie bewerkstelligen sie dies, wenn sie doch auf dem Markt erst als Käufer auftreten wie jeder andere, dort ganz bestimmte Waren gegen Geld erwerben — es werden Produktionsmittel gekauft und Leute bezahlt, damit sie in dem Produktionsprozess arbeiten — und später als Verkäufer zu spüren bekommen, dass sie mit einer Sphäre der Äquivalenz konfrontiert sind. Marx jedenfalls war sich sicher, dass die Gesamtheit der Kapitalistenklasse eines Landes sich nicht selbst übervorteilen kann.

    Lohn, Preis und Profit sind einerseits keinem Insass*innen der Marktwirtschaft unbekannte Größen; andererseits enthalten sie laut Marx das ganze Geheimnis der Verwertung, weshalb er ihren Zusammenhang vor mehr als 150 Jahren nicht nur in drei dicken Bänden des Kapitals erläutert hat.

    Dabei ist augenscheinlich, dass seine Fragen mit den allgegenwertigen Klagen über Niedriglöhne, unbezahlbare Preise und Profitgier nichts zu schaffen haben:

    – Welche Bestimmungen hat der Reichtum, wenn er als ungeheure Warensammlung vorliegt und im Geld gemessen wird?

    – Und wie vermehrt sich dieser Reichtum der kapitalistischen Gesellschaft?

    Das Referat für kritische Wissenschaft lädt ein zu einem Lesekreis, der sich mit den Bestimmungen von Lohn, Preis und Profit befasst.

    Bei Interesse meldet euch gerne bei kriwi@asta.uni-bremen.de, dann bekommt ihr etwas Lesestoff vorab.

    Ansonsten freuen wir uns auch auf spontan interessierte: kommt einfach am Mittwoch, den 22.11. um 16:30 Uhr in die AStA-Etage

    https://www.asta.uni-bremen.de/kritische-wissenschaft/

    Literaturtipp:

    Karl Marx: Lohn, Preis und Profit [Marx-Engels-Werke (MEW), Band 16, S. 101–152]

    http://www.mlwerke.de/me/me16/me16_101.htm

    https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/lohn-preis-profit-kommentiert.pdf