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Protokoll zum jour fixe München vom 24.06.2019

Von • Jul 3rd, 2019 • Kategorie: Protokolle

Jour fixe vom 24.06.2019: Sozialversicherung, Forts. (GS 1-19)

Nachtrag Rentenversicherung

Ein Grund für die Schwierigkeiten der letzten Debatte am 08.06.2019 über den Artikel „Stichwort: Sozialversicherungen“ lag darin, dass von Anfang an mit dem Wissen über das Lohnarbeitsverhältnis argumentiert wurde, der Gegenstand des Artikels aber gar nicht die Lohnarbeit als solche ist, sondern explizit die Sozialversicherungen, insbesondere die Rentenversicherung.  (…)

Arbeitslosenversicherung

— Arbeitslosenversicherung wird nur bezahlt, wenn eine Mindestanwartschaft vorliegt, d.h. der Arbeitslose muss während der letzten 2 Jahre mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt worden sein. Die Dauer der Zahlung ist begrenzt und richtet sich ebenfalls nach der Zeit, in der der Mensch gearbeitet und Beträge eingezahlt hat.   (….)

Wenn man die Versicherungen im Einzelnen durchgeht – was ist ihr Ausgangspunkt, auf welchen Gegenstand zielen sie – ist zu sagen: Da arbeitet sich der Staat damit ab, die abhängig Beschäftigten auf eine ihnen gemäße Art und Weise auf ihre Reproduktion fest zu legen, nämlich durch Arbeit. Und dabei wird er ständig darauf gestoßen, dass diese Art der Erwerbstätigkeit die Reproduktion nicht hergibt; dass das ein einziger Widerspruch ist. Insofern arbeitet sich der Staat an diesem Widerspruch ab: Die sollen von ihrer Arbeit leben und wenn sie das im Fall von Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit nicht können, dann sorge ich dafür, dass die das trotzdem können. Dazu nimmt er die ganze Klasse in die Pflicht, sorgt dafür, dass Lohnteile zwangskollektiviert werden und davon irgendwie die Reproduktion der Betroffenen geregelt wird. (…)

Krankenversicherung

Worin besteht der im Artikel erwähnte doppelte Schaden?   (…)

Der ewige Reformbedarf der Sozialversicherungen

Der grundsätzliche Widerspruch, der ständig neue Löcher in den Kassen und damit Reformbedarf entstehen lässt, wurde bereits erwähnt: Die Sozialversicherungen arbeiten sich an dem Kunststück ab, dass ein Lohn, der nicht zum Leben reicht, durch die Vermittlung der Versicherungen zur Reproduktion der ganzen Klasse ausreichen soll. Für die Versicherungen stellt sich das als Widerspruch zwischen den erforderlichen Leistungen, die sie gesetzlich für ihre Versicherten zu erbringen haben, und ihren stets knappen Einnahmen aus dem gesellschaftlichen Gesamtlohn dar. Deshalb steht immerzu die Abwägung auf der Tagesordnung, welche Ansprüche an die Versicherung staatlicherseits ins Recht gesetzt werden und was das kostet, nämlich eine weitere Beanspruchung des Lohns.

Wenn der ganze Sozialstaat unter der Prämisse steht, dass er aus Arbeit gezahlt wird, die sich lohnen muss, dann ist klar, dass das Kapital grundsätzlich und mit seinen Fortschritten in Sachen Rentabilität im Besonderen die Grundlage des Sozialstaats fortwährend strapaziert. Das führt zu diesen sozialpolitischen Kunststücken, die da heißen, wie kann man im Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern, von Anwartschaften und Beitragssätzen irgendwas weiter strecken, so dass die Arbeiterschaft tatsächlich von nichts anderem als rentablem Lohn lebt. (…)

https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf190624-sozialversicherungen-2.pdf

Vgl auch den Artikel, auf den sich die Debatte bezieht:

Arbeiten im Kapitalismus geht offensichtlich nur, wenn der Staat einen Großteil des privaten Lohneinkommens seiner arbeitenden Bevölkerung zwangsweise kollektiviert und damit ein umfassendes System von Sozialkassen unterhält. So viel Sozialismus muss sein im freien bürgerlichen Gemeinwesen. Wie in dem mit hoheitlicher Gewalt ‚Solidarität‘ organisiert wird und warum, erläutert das Stichwort: Sozialversicherungen.

https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/stichwort-sozialversicherungen

One Response »

  1. Die Ergebnisse der Europa-Wahl, der Streit zwischen ‚Souveränisten‘ und ‚Pro-Europäern‘, sowie Formen und Inhalte des Wahlkampfes 2019 waren Thema beim Jourfixe München am 08.07.2019, hier protokolliert:

    https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf190708-wahlen-eu.pdf

    Gegenstand der Debatte war der neue Artikel im Gegenstandpunkt 2/2019:
    Die Wahlen zum EU-Parlament 2019
    https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/wahlen-zum-eu-parlament-2019
    (Dieser Artikel ist insgesamt online frei verfügbar!)

    Zu Beginn des Artikels wird darauf hingewiesen, dass die Art und Weise, wie dieses Mal für die EU-Wahl geworben wurde, sich deutlich von früheren EU-Wahlkämpfen unterschieden hat. Unter Titeln wie ‚Ausbau oder Rückbau der EU?‘ oder ‚mehr oder weniger Brüssel?’ wurde von zwei gegnerischen Lagern eine Schicksalswahl ausgerufen und die Frage aufgemacht, ob und wie es mit der EU überhaupt weitergehen könne.

    Was sind das für Alternativen…???
    (…)

    Neoprene hat übrigens in einen Thread die Abschrift eines Vortrages von Peter Decker am 4. Mai 2017 in Nürnberg eingestellt …

    Europa hat heute viele Feinde…
    … so beginnt der Vortrag von Peter Decker über die aktuelle Lage Europas und über die Deutungen der expliziten ‚Freunde Europas‘:
    Die europäische Einigung – Ein deutsches Weltmachtprojekt

    https://www.argudiss.de/node/414

    https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/europa_nbg_0517_ges.mp3

    Zu sehen und zu hören ist der Vortrag und die Diskussion unter:

    https://www.youtube.com/watch?v=VMKyLM2XkBQ

    http://Neoprene.blogsport.de/images/DeckerzuEuropa20170504NbgMitschrift_01.rtf

    … wobei die ‚Fragilität‘ des europäischen Weltmachtprojektes seit 2017 erhebliche weitere ‚Kratzer‘ abgekriegt hat, sowohl von Seiten der USA als auch direkt aus dem Inneren der EU ….