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Aus aktuellem Anlass: Kultur – wie geht das?

Von • Mai 5th, 2019 • Kategorie: Allgemein

Literaturhinweis anlässlich der Aufregung um den Brand von Notre-Dame de Paris:

 

Dass eine in Paris befindliche, großdimensionierte römisch-katholische (vormals römisch-heidnische, vormals gallisch-heidnische) Kultstätte in Flammen steht, geht offensichtlich nicht nur die Feuerwehr etwas an.

Der Staatspräsident des betreffenden Landes, der sich ansonsten amtspflichtgemäß damit abplagen muss, im Innern und Äußern der Nation allerlei Gegensätze auszutragen, sieht mit der altersschwachen Stein- und Holzkonstruktion einen „Teil von uns“ brennen. Und sagt den Franzosen gleich noch vor, dass sie „erwarten“, dass er befiehlt, das Ding ganz schnell zu reparieren, womit er sich und seinem Sinn für die im Höheren liegende Einheit der Nation ein gutes Zeugnis ausstellt.

Die größten linksrheinischen Geldsäcke beweisen ebenfalls viel Sinn fürs gemeinschaftlich Höhere und liefern sich eine kleine Konkurrenz um die größten Spenden für den Wiederaufbau des Tempels „Unserer Lieben Frau von Paris“. Der auch dafür nach allen profanen Rechnungen nötige Geldreichtum ist nämlich im Unterschied zur Lieben Frau nicht „Unser“, sondern ihr privater, aber ausweislich ihrer Großzügigkeit unter höheren Gesichtspunkten in den besten Händen.

Auch die Gebieter und -Innen über staatliche Gewalt und privaten Reichtum aus anderen – ganz oder halb befreundeten bis ausgesprochen verfeindeten – Nationen melden sich stets betroffen und zum Teil hilfsbeflissen und stellen damit ihre Gewissheit zur Schau, dass Notre Dame dafür steht, dass es bei ihren täglichen Bemühungen in Sachen Konkurrenz um Gewalt und Geld um Höheres als eben diese geht, was diese adelt.

Journalisten kommentieren das mit viel Gespür für die Symbolkraft von Tempel und Tempelbrand, und alle anderen dürfen das alles irgendwie auch bedeutend finden, obwohl sie beim letzten Paris-Trip die Schlange am Eingang dann doch sehr lang fanden.

Was das ist? Kultur!

Was die ist und wie sie geht, kann im einschlägigen Artikel aus GegenStandpunkt 3-2013 nachgelesen werden:

Kultur – wie geht das?

 

Liebhaber von Kultur wissen meist auch, dass sie schon ziemlich lange währt und nicht zuletzt deswegen Achtung genießt. Denn als Reich der Freiheit wird sie geschätzt, von nicht wenigen, und von den in ihr Tätigen schon gleich, für wertvoller und wahrer angesehen, als das schnöde Reich der Notwendigkeiten.

Anlass genug, einmal dem eigentümlichen Gebrauch der Freiheit, die in kulturellen Belangen zum Zuge kommt, nachzugehen und das einigermaßen instrumentelle Verhältnis zu den Niederungen des gesellschaftlichen Alltags und zu den gehobeneren Sphären der modernen Herrschaften zu erläutern.

 

https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kultur-geht

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