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Kritik an Ideologien, Aufklärung über populäre Irrtümer, Kommentare zum Zeitgeschehen

[online] 19.07.2012 | Stuttgart | Die Menschenrechte: Heiligenschein und diplomatische Waffe

Von • Jul 19th, 2012 • Kategorie: Veranstaltungen

Zeit: Donnerstag | 19.07.2012 | 19:30 Uhr
Ort: Clara-Zetkin-Haus (Baumann-Saal) | Gorch-Fock-Straße 26, (zu erreichen mit U7, U8, U15 Haltestelle Silberwald) | 70619 Stuttgart-Sillenbuch
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag

Thema: Die Menschenrechte: Heiligenschein und diplomatische Waffe der Staatsgewalt

Keine Woche vergeht, ohne dass private Vereine wie Human Rights Watch, Journalisten oder Politiker Menschenrechtsverletzungen anprangern. Die Liste reicht von Folter und Wahlbetrug bis zu gesperrten Internetseiten. Auf der Anklagebank sitzen in der Regel auswärtige Regierungen wie China (wg. Tibet) oder „selbsternannte Diktatoren“ – nach Libyens Gaddafi („…schießt auf sein Volk!“) z. Z. der syrische Präsident Baschar al-Assad (dito). Das zumeist ideelle Gericht setzt sich aus Freunden und Vertretern der westlichen Wertegemeinschaft zusammen.

Die zitierten Übergriffe sind an der Tagesordnung, weil der Globus von Staaten bedeckt ist, die sich ihr mehr oder weniger benutzbares Fußvolk mit Gewalt gefügig machen. Der Vorwurf der Verletzung von Menschenrechten will freilich gar keinen positiven Grund für die Brutalitäten der Politik entdecken. Fehlende Rechte, schlechtes Regieren lautet die Kritik, die ein einziges Plädoyer ist für gutes Regieren, Herrschaft also. Und das soll nur durch die Beachtung der Menschenrechte zu haben sein. Sie gelten nämlich als aus der Natur des Menschen entspringendes Recht auf Respekt durch die staatliche Obrigkeit, als Recht nicht durch, sondern gegen den Staat, als Regelwerk, das nicht wie sonst üblich die Bürger, sondern die Staatsmacht zu Wohlverhalten verpflichtet. Eine Paradoxie, weil der Staat selbst keiner Gewalt unterliegt, die ihn verpflichten könnte.

Es ist umgekehrt, er als höchste Gewalt definiert selbst Rechte und Pflichten. Wenn Staaten sich dennoch in die Pose werfen, diesen famosen Rechten zu folgen, handelt es sich bestenfalls um eine Selbstverpflichtung, die in dem Versprechen besteht, auf solche Übergriffe zu verzichten, die sie nicht für nötig halten.

Herrschaft light, diese Verklärung des einzig denkbaren Täters für politische Gewalt zur Schutzmacht ihrer Objekte, das gefällt Untertanen. Sie fürchten sich nämlich nicht zu Unrecht vor dem, was ihre Herrschaft alles könnte, wenn sie es denn wollte.

Dieselbe Staatsgewalt, die nach innen unbedingt durch den Menschenrechtskatalog von Grobheiten gegen ihre Bürger abgehalten werden muss, ist nach außen der erste Bündnispartner für die privaten Anhänger der human rights. Wo immer in der Welt sie die Einhaltung der Menschenrechte einklagen, die heimische Politik ist bevorzugte Ansprechadresse für die Durchsetzung menschenrechtlicher Standards.

Denn nur die Gewalt vermag, wovon sie nur träumen können, nämlich ganze Regierungen auswärts unter Aufsicht zu stellen. Selbst Kriege wie die auf dem Balkan, im Irak und in Afghanistan werden im Namen der Menschenrechte durchgefochten, ohne den Beifall der privaten Menschenrechtler zu verspielen. Im Gegenteil.

 

Update:

Die Aufzeichnung der Veranstaltung steht im Vortragsarchiv des GS Stuttgart zum Download bereit.

 

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