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[online] 12.05.2011 | Stuttgart | Fukushima: Eine Katastrophe, die alles ändert?

Von • Mai 12th, 2011 • Kategorie: Veranstaltungen

Zeit: Donnerstag, 12. Mai 2011, 19:30 Uhr
Ort: Altes Feuerwehrhaus Süd (Großer Saal), Möhringer Str. 56 (Eingang Erwin-Schoettle-Platz) – U 1, U 14, Bus 42, Stuttgart

und

Zeit: Dienstag, 17. Mai 2011, 19:15 Uhr
Ort: Universität Tübingen, Alte Archäologie (Hörsaal), Wilhelmstr. 9, Tübingen

Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag

Fukushima: Eine Katastrophe, die alles ändert?

Im japanischen Fukushima ist wieder einmal eingetreten, wovor die Gegner der Atomenergie seit 40 Jahren warnen: Im Gefolge von Erdbeben und Tsunami sind mehrere Meiler außer Kontrolle geraten, explodieren, setzen Radioaktivität frei, machen Teile Nordjapans vielleicht auf Jahrzehnte oder länger unbewohnbar, verseuchen die ansässige Bevölkerung und bedrohen die 40 Millionen-Region Tokio mit radioaktivem Niederschlag.

Dass die Regierungen in Japan und den anderen Atomenergie nutzenden Staaten von dem Ereignis überrascht worden wären, stimmt nur in einer Hinsicht: Sie setzen beständig darauf, dass der GAU, der „Größte Anzunehmende Unfall“, und Schlimmeres, das sie längst haben definieren und ausrechnen lassen, schon nicht eintreten wird. Ihre Fachleute schätzen das Risiko solcher Kata¬strophen ab und weisen ihm eine – sehr kleine – Wahrscheinlichkeit zu, die man dann als „Restrisiko“ großzügig ignoriert.

Wenn der Katastrophenfall eintritt, steht die betroffene Nation mehr oder weniger da wie nach einem stattgefundenen Krieg: Ein Verlust an Bevölkerung durch Verstrahlung und ansteigende Krebsraten schmälert die lebendige Staatsgrundlage; ganze Regionen sind dauerhaft für geschäftliche Nutzung unbrauchbar; statt kapitalistischen Wachstums fallen ungeheure Kosten für Sicherung und Einschließung der strahlenden Ruinen an, die das Sozialprodukt und den Staatshaushalt belasten und die Nation in der Konkurrenz mit ihresgleichen um Größenordnungen zurückwerfen können. Schon gibt es Spekulationen über einen Niedergang Japans. Das, nichts anderes, ist es, was politische Führer tatsächlich nachdenklich macht. Bundeskanzlerin Merkel, immerhin studierte Physikerin, jedenfalls zeigt sich erschüttert darüber, dass das ausgerechnete „Rest“-Risiko einer Katastrophe tatsächlich eintritt.

– Das wirft die Frage auf, warum kapitalistische Staaten ihre Bevölkerungen jahrzehntelang und weiterhin diesen – auch für die Staatsmacht selbst bedrohlichen – Risiken aussetzen. Nur damit die Wohnungen warm sind und die Handys Saft haben?

– Worum geht es bei der Stromversorgung kapitalistischer Staaten, dass man dafür Gefahren wie im Krieg eingeht?

Jetzt will die Regierung Merkel – anders als praktisch alle anderen Regierungen des Globus – aus der Katastrophe gelernt haben: Sie stellt das soeben beschlossene Gesetz zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten in Frage und will den Ausstieg aus der Atomenergie-Erzeugung beschleunigen.

Was ist heute anders als in den Zeiten von Harrisburg und Tschernobyl, als die Katastrophen den Vorgänger-Regierungen kein Umdenken abverlangten? Was muss alles erfüllt, welche Anforderungen müssen gewährleistet sein, dass eine Bundesregierung die Wahnsinns-Technologie tatsächlich für verzichtbar hält?

Darüber will die politische Chefin des Weltmarktführers auf dem Feld der erneuerbaren Energietechniken drei Monate lang nachdenken, um dann zu entscheiden, ob und wie viele alte Meiler abgeschaltet werden sollen und wie lange sie die neueren weiterlaufen lassen will. So viel scheint bei allem „Umdenken“ allerdings von vornherein festzustehen: Wenn erst ein Ausstiegsszenario und neue Laufzeitgrenzen von 10 bis 20 Jahren vereinbart sind, ist das gerade erst als „unvertretbar“ erkannte Restrisiko wieder voll „vertretbar“.

– Was also lernt die schwarz-gelbe Koalition aus der Fukushima-Katastrophe?

– Und welche „energiepolitische Alternative“ bietet die rot-grüne Opposition?

– Was also kann man aus der Energiepolitik vor und nach Fukushima über Grund und Zweck der Energieversorgung im Kapitalismus lernen?

 

 

Update:

Die Aufzeichnung der Stuttgarter Veranstaltung wurde im Vortragsarchiv des GS Stuttgart online gestellt.

MP3-Archiv

 

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