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[online] 25.03.2014 | Bremen | Wem gehört die Ukraine?

Von • Mrz 25th, 2014 • Kategorie: Veranstaltungen

Bremen – Ukraine

Zeit: Dienstag | 25.03.2014 | 19:00 Uhr
Ort: Bürgerhaus Weserterrassen | Osterdeich 70 b | Bremen
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag

Achtung: Themenänderung aus aktuellem Anlass!

Neues Thema: Wem gehört die Ukraine?
Europa geht bis an die Grenzen seiner Methode friedlicher Eroberung
– und darüber hinaus
EU und USA schüren den Umsturz – Russland besetzt die Krim

Es funktioniert auf Ansage: In ihren feierlichen Reden zum
Jahreswechsel haben Kanzlerin und Bundespräsident festgestellt,
Deutschland sei einfach zu groß, um bei internationalen Krisen eine
untergeordnete Rolle zu spielen, und sie haben „mehr deutsche
Verantwortung“ und aktiveres Eingreifen angekündigt. Wenige Monate
später haben sie in der Ukraine die – nach eigener Auskunft –
schlimmste Krise in Europa seit dem Mauerfall vom Zaun gebrochen; so
schlimm, dass manche von einem neuen kalten oder gar heißen Krieg
warnen.

Schuld daran ist, wie stets, die andere Seite: Erst der ukrainische
Präsident Janukowitsch, der seine Unterschrift unter das
Assoziationsabkommen mit der EU verweigert hat, dann die
russischsprachigen Landesteile im Süden und Osten der Ukraine,
schließlich und vor allem Putins Russland.

Was Merkel und ihre EU-Kollegen treiben, entdecken und verurteilen sie
am russischen Präsidenten:

– Ihm sagen sie Großmacht-Allüren und imperiale Absichten nach. Er
wolle den Raum der ehemaligen Sowjetunion als russische
Einflusssphäre bewahren, obwohl „die Zeit der Einflusszonen
endgültig vorbei ist!“ Das sagt ihm allen voran die deutsche
Kanzlerin Merkel, die die Ukraine jetzt „umso schneller in die EU
einbinden wird.“

– Merkel wirft Putin vor, er destabilisiere die Ukraine, weil er
Anträge aus der Krim und vielleicht auch aus der Ostukraine, das
Gebiet in die russische Föderation aufzunehmen, ermutigt. Der Vorwurf
kommt von einer deutschen Kanzlerin, die nichts unversucht gelassen
hat, den Staat des kaputten, zwischen seinen östlichen und westlichen
Abhängigkeiten hin- und hergerissenen Landes zu destabilisieren,
solange ein nicht willfähriger Präsident dort an der Macht war.
Deutsche Politprominenz hat den Umsturz in Kiew ermutigt, zum
Durchhalten aufgerufen und ihm die Unterstützung ganz Westeuropas
zugesichert – und damit das Land endgültig zerrissen.

– Der pro-westliche Umsturz mit all seinen glühenden Nationalisten
und teilweise bewaffneten Demonstranten, mit seiner Lahmlegung des
nationalen Lebens, den Besetzungen und Verwüstungen von Ministerien
– ein Aufruhr wie ihn sich keine westliche Demokratie gefallen
lässt –: dieser Umsturz ist für die EU friedlich, demokratisch,
authentischer Ausdruck des ukrainischen Volkswillens, der gilt
selbstverständlich verbindlich für das ganze Volk einschließlich
der dagegen aufbegehrenden Ostukrainer und muss unbedingt gegen
russische Bedrohung und Übergriffe geschützt, also unter die
schützende westliche Vormundschaft von USA, EU und Nato gestellt
werden. Die im Vergleich dazu gesittete Volksabstimmung auf der Krim
über den Beitritt zu Russland dagegen ist für sie illegal,
undemokratisch, eine Farce, die nichts gilt, und Russlands Berufung
auf bedrohte russische Bürger eine leicht zu durchschauende
Bemäntelung der rücksichtslosen Machtübergriffe des neuen Moskauer
Zaren auf ein unabhängiges Land. Die europäischen Schutzherren des
Selbstbestimmungsrechts der Völker sind eben so freundlich, auch
gleich die Kollektive, zu definieren, die sie als Völker gelten
lassen, denen Selbstbestimmung und deren Anführern das Staatswesen
zusteht, und welche Ausrichtung des Staatswillens ihren machtvollen
Schutz verdient; und die, für die das Gegenteil gilt.

Dabei ist die Quelle dieser Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht
kein Rätsel: Legitim sind in der Ukraine die politischen Kräfte, die
sich als Statthalter der EU und ihr Land als deren Hinterland
anbieten; illegitim sind diejenigen, die sich dem europäischen
Anschluss entgegenstellen. Russland liest diese Gleichung von Recht
und Interesse entgegengesetzt. Beide, die EU im Verein mit den USA und
Russland, beanspruchen als zuständige Mächte das Richteramt
darüber, wer was darf in und mit der Ukraine, d.h. wie, wohin und an
welchen auswärtigen Interessen sich der Staat ausrichten soll. Beide
fordern voneinander, sich aus der Ukraine herauszuhalten Die
westlichen Mächte meinen und betreiben dabei von Anfang an den
Anschluss an und Unterstellung der Ukraine unter die EU und Nato und
die Erledigung russischen Einflusses. Russland ist entschlossen, den
zu verteidigen. So steht Recht gegen Recht – und der friedliche
Verkehr der beiden großen „Nachbarn“ nimmt folgerichtig den
Charakter einer Mobilisierung von Macht- und Gewaltmitteln zur
Unterordnung des anderen an.

Dabei versichert Merkel ihren Bürgern: „Zum Krieg wird es nicht
kommen“ – und gibt damit zu Protokoll, was sie alles ins Kalkül
zieht.

 

Update:

Die Aufzeichnung der Veranstaltung steht im Audio-Archiv ArguDiss zum Download bereit.

 

http://www.argudiss.de/node/242

 

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