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[online] 26.11.2013 | Berlin | Krieg gegen und in Syrien

Von • Nov 23rd, 2013 • Kategorie: Veranstaltungen

Berlin – Syrien

Zeit: Dienstag | 26.11.2013 | 19:30 Uhr
Ort: Mehringhof (Versammlungsraum / 1. Etage) | Gneisenaustr. 2 | Berlin-Kreuzberg (U-Bhf Mehringdamm)
Veranstalter: GegenStandpunkt Verlag

Thema: Wie die USA aus Syrien einen Fall ihres Kampfes um Führung in der Welt machen
Sarintote – US-Militärschlagsdrohung – amerikanisch-russische Abrüstungsdiplomatie

Referentin: Margaret Wirth (GegenStandpunkt)

 

Mit grenzenloser Empörung berichteten die Medien im August von den Opfern eines Giftgaseinsatzes in der Nähe von Damaskus. Dabei hätten sie die ganze Zeit aus Syrien von grauenhaft zugerichteten Kriegsopfern berichten können, bei denen es beide Seiten nach westlicher Zählung auf über 100000 gebracht haben sollen. Die Giftgastoten aber standen nach kurzem „fassungslosen Entsetzen über das menschliche Leid“ für eine sehr gefasste militante Botschaft:

Jetzt „müssen wir“, „muss der Westen“, „muss Obama“ eingreifen, „Beiseitestehen“ wäre eine „Schande“. Dass die westlichen Mächte längst eingemischt sind ins syrische Gemetzel und seine Opferproduktion, irritierte niemanden. Mehr, ein echtes machtvolles Durchgreifen wurde verlangt. Das haben die Giftgastoten aus Sicht westlicher Medien wohl verdient.

Schließlich hatte Obama den Einsatz von Giftgas zu einer „roten Linie“ erklärt, deren Überschreiten das Handeln der USA herausfordern werde. Ziemlich zügig verschob sich die öffentliche Aufmerksamkeit von der Frage, was „wir den Giftgastoten schuldig“ sind, zu der offenbar viel spannenderen, was die amerikanische Weltmacht sich schuldig sei und beschließen würde. Dass die USA zuschlagen müssen, wenn sie denn eine Supermacht sein und bleiben wollen, diese Sicht der Dinge war den westlichen Medien schlicht selbstverständlich und überrollte auch die letzten Zweifel, wer überhaupt der Giftgastäter war, gegen den sie eine militärische Abrechnung bestellten. Dass das Assad-Regime fällig war, stand ohnehin schon vor dem Giftgaseinsatz fest.

Obama kündigte dann eine „Strafaktion“ an, die ein Zeichen amerikanischer Macht setzt. Dass damit ein Militärschlag angedroht war, der allen Beteiligten überlegen und von keinem zu bremsen ist und zu dem nur die USA fähig sind, war nach etwas vorauseilendem Interventionseifer Großbritanniens und Frankreichs schnell unstrittig. Für mehr Disput sorgt seither die Frage in der amerikanischen und weltweiten Politik, was die USA unter Obama mit diesem begrenzten und vom übrigen Kriegsgeschehen in Syrien getrennten Militärschlag, der nur ausgesetzt ist und jederzeit aktiviert werden kann, eigentlich erreichen wollen und können. Dann geht es wohl im weltweiten Machtschacher genau um diese Frage, wie sich die USA weiterhin als Führungsmacht in der Staatenwelt behaupten.

Dafür hat Obama die Giftgastoten und das ganze Syrien zu einem Fall gemacht. Einerseits hat er selbst ausgeschlossen, das US-Militär als Handlanger des innersyrischen Kräfteverhältnisses antreten zu lassen; das hat seine syrischen „Freunde“ und deren Hintermächte ziemlich verbittert. Andererseits hat er seiner militärischen Interventionsdrohung einen viel weiter reichenden Auftrag

zugeschrieben: allen „Tyrannen“, namentlich dem Iran, aber eigentlich gleich „der Welt“ den „Einsatz von Massenvernichtungswaffen“ zu verbieten. Das wirft die Frage auf, was die USA, die über Massenvernichtungswaffen aller Kaliber gebieten, gegen Assads, aber überhaupt gegen die chemischen haben. Was stört die Weltmacht an der „Atomwaffe des kleinen Mannes“?

Zu einer überraschenden Fortsetzung hat der Vorschlag Russlands geführt, gemeinsam mit den USA die Chemiewaffen des russischen Partners Syrien der internationalen Chemiewaffenkonvention zu unterstellen und zu vernichten. Das haben die USA angenommen, allerdings nicht als Ersatz für ihren Militärschlag, sondern als erste Frucht der andauernden abschreckenden Drohung mit ihm. Seither ringen die neuen Partner in Sachen Abrüstung Dritter erbittert darum, was sie sich an Gewaltbefugnissen in der Staatenwelt zugestanden haben, und nicht nur die innersyrischen Kriegsparteien fragen sich, welche Rolle sie bei diesem Ringen von USA und Russland noch spielen.

Dann geht es wohl um solche übergeordnete Gewaltfragen.

Obama stellt seither in jeder Rede klar: Auch wenn die USA nicht jeden Krieg gleich führen, sondern auf „leading from behind“ und militärische Abschreckung setzen, darf niemand den Status der „einzigartigen“ Weltführungsmacht in Zweifel ziehen, weder Assad noch Djihadisten, kein Staat im Nahen Osten und überhaupt keine Macht anderswo…

Was ist das für eine Bilanz, was für eine Kampfansage?

 

http://www.kk-gruppe.net/

 

Update:

Die Aufzeichnung der Veranstaltung steht im Audio-Archiv der KK-Gruppe zum Download bereit.

 

http://www.kk-gruppe.net/

 

http://kk-gruppe.net/wie-die-usa-aus-syrien-einen-fall-ihres-kampfes-um-fuehrung-in-der-welt-machen/

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